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Nachricht vom 13.03.2015
Region
Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken diskutierte mit Landwirten
Nein, zwischenzeitlich mochte man ganz sicherlich nicht in der Haut von Ulrike Höfken stecken, der rheinland-pfälzischen Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten. Es gibt sicherlich angenehmere Auftritte für eine grüne Politikerin als die Mitgliederversammlung des Kreisbauernverbands im Kreis Altenkirchen. In Eichelhardt ging es unter anderem um die Tierhaltung.
Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken diskutierte mit dem Vorsitzenden des Kreisbauernverbandes, Georg Groß (rechts) und dem Präsidenten des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, Michael Horper. Fotos: Daniel PirkerEichelhardt/ Kreis Altenkirchen. Die Atmosphäre war zwar von Respekt geprägt, aber wer in die Gesichter der Bauern blickte, konnte schnell einen Eindruck davon bekommen, dass der Abend kein Spaziergang für die Ministerin werden würde. Das hatte auch mit der generellen Lage der Landwirte zu tun – oder zumindest mit der gefühlten.

So appellierte der Präsident der übergeordneten Gliederung Rheinland-Nassau der Bauern und Winzer, Michael Horper, denn auch an: „Wir müssen aus der Bedrängnis raus kommen.“ Der Berufsstand habe genauso ein Recht darauf, gut zu leben wie die Konsumenten, die vergleichsweise wenig von ihrem Lohn in Lebensmittel investieren müssten. Die sinkenden Preise für landwirtschaftliche Produkte hätten auch zur Sicherung des sozialen Friedens beigetragen. Der Präsident störte sich vor allem an der Kritik, der sich die Bauern ausgesetzt fühlen.

Horper treibt die Sorge um, dass bei der Tierhaltung „zu viele rein reden.“ Der Verbraucher sei bereits kritisch genug. Das müsse die Politik nicht noch einen drauf setzen, hatte Georg Groß, der Vorsitzende der Kreis-Bauern, zuvor gefordert. Die Landwirte wähnten sich bereits in einer andauernden Rechtfertigungsposition, veranschaulichte die Vertreterin der Landfrauen, Gerlinde Eschemann.

Die wurde gerade beim Thema Tierhaltung deutlich, Stichwort Antibiotika-Resistenz. Horper verdeutlichte, dass es dem Vieh aus seiner Sicht heute so gut wie noch nie ginge. Laut Groß habe es im letzten erfassten Zeitraum auch nur 70 Tote aufgrund „falscher Ernährung“ gegeben. Ein Bauer aus dem Publikum untermauerte die geringe Gefahr von Resistenzen anhand von landwirtschaftlichen Zahlen aus Niedersachsen. Höfken hingegen warnte davor, das Problem zu bagatellisieren. Laut Studien seien die Resistenzquoten bei Masthänchen so hoch wie noch nie.

Groß kritisierte des weiteren das Tierschutz-Verbandsklagerecht, das in Rheinland-Pfalz seit rund einem Jahr gilt: „Ideologen bekommen hier Tür und Tor geöffnet.“ Höfken versuchte diesen Vorwurf zu entkräften und verwies darauf, dass nur ausgewählte und seriöse Verbände in den Kreis der Klageberechtigten aufgenommen worden seien.

Ein weiterer Streitpunkt: die Milchquote. Bisher mussten Landwirte eine Art Strafgebühr zahlen, falls sie mehr Milch produzierten als ihnen zu erkannt worden war. Damit ist demnächst Schluss. Dass diese Quotenregelung nun ausläuft, bereitet der Ministerin Sorge – und denkt sie dabei auch an die Bauern: „Wenn die Milchmengen zu hoch werden, sind sie den Handels-Konzernen ausgeliefert.“ Generell müssten die Preise mehr von den Erzeugern bestimmt werden. Groß hingegen freute sich darüber endlich „vom Joch der Milchquoten befreit“ zu sein. Und sein Kollege vom Bauernverband Rheinland-Nassau, Horper, machte klar: „Schlimmer kann es uns ohne Quote auch nicht gehen.“

Groß war es auch, der die Landwirtschaftssubventionen als „süßes Gift“ für seinen Berufsstand bezeichnete. Aber das müsse nun mal niemand schlucken, wie Höfken entgegnete. Gerade die Direktzahlungen seien sinnvoll, da die Landwirtschaft auch einen gesellschaftlichen Beitrag erbringe, der nicht allein über die Produktion bezahlt werden könne. Ohne die Unterstützungen fallen im Durchschnitt 60 Prozent eines Betriebsgewinns weg. Die Folge: Mittelständische Landwirtschaft würden verschwinden und komplett durch die Instustrie ersetzt. „Erhebliche Summen“ flössen zur Zeit in den AK-Kreis. Höfken sprach von 4,3 Millionen Euro, die allein an Direktzahlungen aufgewendet würden. Da sei es gefährlich zu behaupten, man könne darauf verzichten. Für Groß stand auf jeden Fall fest, dass die Unterstützungsleistungen nicht nach dem „Gießkannen-Prinzip“ verteilt werden dürften. Und sein Verbandskollegte Horper wollte der Ministerin auch nicht direkt widersprechen, betonte aber, dass die Direktzahlungen den Bauern zustünden aufgrund des Leitgedanken wonach nie mehr Hunger in Europa herrschen dürfe. Wogegen man sich aber mit allen Mittel wehren werde sei die Veröffentlichung der jeweiligen Subventionen an die Empfänger.

Konsens zeichnete sich bei einem Thema ab, das nicht direkt die Politik betrifft: dem Einkaufsverhalten der Verbraucher. Zwar forderten viele Käufer mehr Tierschutz und geben in Umfragen auch an, dafür entsprechend mehr auszugeben. Aber: „Wenn in Regalen ständig Billigprodukte stehen, ist die Entscheidung nicht so ganz einfach.“ Das Käuferverhalten sei somit auch dem „Sozialdumping“ des Handels geschuldet.Und das hätte wiederum geringere Gewinnmargen in der Landwirtschaft zur Folge.

Kann eine Stärkung der Bio-Landwirtschaft hier einen Ausweg aufzeigen? Nicht unbedingt laut dem Vorsitzenden des AK-Bauernverbandes. Groß ist zwar kein Gegner dieses Trends, aber warnt vor einer Ideologisierung, die in der Bio-Landwirtschaft ein Allheilmittel sieht. Höfken hingegen plädiert für eine entspanntere Betrachtung. In Österreich beispielsweise sei dies längst der Fall – über Parteigrenzen hinweg. Man darf auf den nächsten Besuch der grünen Ministerin beim Bauernverband im AK-Kreis gespannt sein. (ddp)
 
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