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Nachricht vom 28.04.2015
Wirtschaft
TTIP: Befürworter wollen Themenhoheit zurückgewinnen
TTIP wird momentan verhandelt. Die Mehrheit der Deutschen ist gegen das Handelsabkommen zwischen EU und USA. Dagegen müsse endlich angesteuert werden, dachte sich der CDU-Wirtschaftsrat im AK-Land und lud zu einer Informationsveranstaltung sein. Dabei wurden auch mögliche Vorteile für die hiesige Wirtschaft verdeutlicht.
Jan von Herff (BASF) warb für das Handelsabkommen TTIP. Foto: Daniel PirkerWeitefeld. Das Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen (TTIP) polarisiert. Und das wird auch an verschiedenen Veranstaltungen im AK-Land deutlich. Vor wenigen Wochen übten beispielsweise die Grünen zusammen mit Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken in Betzdorf scharfe Kritik an dem Abkommen, das momentan zwischen den USA und der EU verhandelt wird. Und damit wähnt sich die Öko-Partei in guter Gesellschaft: Laut Umfragen lehnt eine klare Mehrheit der Deutschen TTIP ab.

Zeit, dass die Befürworter endlich die Themenhoheit zurückgewinnen. Das findet zumindest Christoph Held. Er ist Sprecher der Altenkirchen-Betzdorfer Sektion des CDU-Wirtschaftsrats. Der, wie sein Name schon sagt, wirtschafts-und-CDU-nahe Verein hatte zu einer Informationsveranstaltung in den Konferenzraum der WEW Eisenwerke in Weitefeld eingeladen. Der Veranstaltungsort war kein Zufall. Immerhin ist das auf Tankcontainer spezialisierte Traditionsunternehmen so wie viele Betriebe im AK-Land international tätig, eben auch in den USA. Ein Handelsabkommen käme da sehr gelegen, wie in dem Vortrag von Susanne Romanus deutlich wurde.

Derzeitige Regelungen verursachen Mehrkosten
Die Ingenieurin ist technische Leiterin von WEW – was manchmal angesichts verschiedener Standards zwischen USA und Deutschland wohl nicht immer nur Vergnügen bereitet: „Die Mehraufwendungen beschäftigen mich einen halben Tag“, sagte Romanus. Denn mit einem europäischen Tank könne man nicht ohne weiteres in die USA einreisen. Die Folge: Die Schweißer müssten doppelt zweifach produzieren, sowohl nach amerikanischen Standards als auch nach europäischen. Dies verursache Mehrkosten von mindestens 2400 Euro pro Behälter, der im Durchschnitt rund 80.000 Euro in der Produktion kostest.

Dabei stellte Romanus klar: Eine Angleichung der Standards solle keinesfalls auf Kosten des Niveaus gehen. Das gelte auch für eine Anpassung der verschiedenen Zertifizierungsbestimmungen. Tatsächlich kosten allein die Umwidmungen von Sicherheitshinweisen rund vier Millionen Euro, obwohl die Informationen die gleichen seien, erklärte Jan von Herff. Er ist bei BASF für die Beziehungen zu Regierungen zuständig, also, wie er es schlicht formulierte, Lobbyist für das Chemieunternehmen. Seine Aufgabe bei der Informationsveranstaltung bestand darin, TTIP grundsätzlich zu erklären – oder eher zu verkaufen.

TTIP stärkt Wettbewerbsfähigkeit und senkt Kundenpreise
Wie sollte es auch anders sein? Immerhin sieht von Herff klare Vorteile für sein Unternehmen, die deutsche Wirtschaft im Gesamten und letztlich für den Verbraucher.
Das ist nicht nur auf den Mehraufwand zurückzuführen, den der Status Quo verlangt. Das Handelsabkommen könne dazu beitragen sehr direkt Kosten einzusparen, wovon dann Kunden und Wettbewerbsfähigkeit profitierten.

Beispiel Pflanzenschutzmittel:
Will BASF hier ein neues Produkt auf den Markt bringen, das 100 Millionen Euro Entwicklungskosten verschlungen hat, müssten zusätzlich nochmal 160 Millionen Euro aufgewendet werden, damit das neue Pflanzenschutzmittel auch zugelassen werde.
Von Herff forderte deshalb einen Wettbewerb der Ideen und nicht des Protektionismus.

Beispiel Zölle:
Jeden Tag müssten allein für den Handel von transatlantischen Gütern 2 Millionen Euro aufgewendet werden. Täglich wohlgemerkt. Für die Chemiebranche machte von Herff jährliche Zollkosten von 1,7 Millionen Euro aus. Ein Wegfall von dieser Handelsbeschränkungen könne direkte Auswirkungen auf das Portemonnaie des Kunden haben. Beispielsweise senkte Toyota seine Preise um mindestens drei Prozent, nachdem ein Handelsabkommen zwischen Australien und Japan in Kraft getreten war.

Außerdem griff von Herff das heiße Eisen Investorenschutz und die damit verbundenen Schiedsgerichte auf: Für ihn handele es sich nur um ein „Randnischen“-Thema. Weltweit seien zwar jetzt schon über 3000 Verträge zum Schutz von Investoren in Kraft – aber nur 600 Fälle tatsächlich in Verfahren behandelt worden. Und abgesehen davon hätten Deutschland und die USA noch nie ein solches Verfahren verloren – das Risiko von entsprechenden TTIP-Folgen also eher gering. Die Opfer von Investorenschutz-Verfahren seien eher Staaten mit niedrig entwickelten Rechtssystemen.

Spannend wäre gewesen, was die Vertreter der Grünen zu den Ausführungen der Referenten von BASF und WEW gesagt hätten. Vielleicht braucht der Kreis Altenkirchen eine ausgewogene Diskussionsplattform, wo Gegner wie Befürworter von TTIP ihre Argumente austauschen können. (ddp)
 
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