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Nachricht vom 14.06.2015
Region
"Aktion 162.000" soll am DRK-Krankenhaus Kirchen stattfinden
Der Personalnotstand an deutschen Krankenhäusern ist laut der Gewerkschaft ver.di mittlerweile existentiell. Es geht nicht nur um Pflegepersonal und Ärzte. Aktuell fehlen im DRK-Krankenhaus Kirchen laut dem Betriebsratsvorsitzenden Eberhard Bruch 94 Personen, die einen reibungslosen Klinikbetrieb gewährleisten. Eine Aktion soll am 24. Juni, 13 Uhr am Krankenhaus in Kirchen stattfinden.
Betriebsratsvorsitzender Eberhard Bruch (3. von links) vom DRK-Krankenhaus Kirchen im Gespräch mit der SPD-Kreistagsfraktion. Foto: prKreis Altenkirchen. Die SPD-Fraktion im Altenkirchener Kreistag hatte den Betriebsratsvorsitzenden des DRK-Krankenhauses Kirchen, Eberhard Bruch, eingeladen. Es ging um die „Aktion 162.000“ mit der die Gewerkschaft ver.di auf den Personalnotstand in deutschen Krankenhäusern aufmerksam machen will. Darüber hinaus tauschten sich die Gesprächsteilnehmer zur aktuellen Situation und Entwicklungsmöglichkeiten des Kirchener Krankenhauses aus.

Mit der bundesweiten „Aktion 162.000“ will die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di am 24. Juni – an dem Tag treffen sich die Gesundheitsminister von Bund und Ländern in Bad Dürkheim – auf den akuten Personalmangel in deutschen Krankenhäusern aufmerksam machen.

„Wir brauchen auch in unserem Haus mehr Personal, um unsere Patienten sicher und qualitativ hochwertig zu behandeln!“, erklärte Betriebsratsvorsitzender Eberhard Bruch. Dabei gehe es nicht nur um das Pflegepersonal. Bei Therapie, Reinigung, Service, Küche und Technik, Verwaltung und Diagnostik sehe es nicht besser aus.

Eberhard Bruch rief namens seiner Gewerkschaft ver.di dazu auf, am Mittwoch, 24. Juni um 13 Uhr („Jetzt schlägt´s 13“) an der bundesweiten Aktion teilzunehmen. Vor dem Kirchener Krankenhaus sollen 94 von 162.000 Karten hochgehalten werden, die den Fehlbedarf an Personal symbolisieren.

Die Gesundheitsminister und –ministerinnen werden an dem Tag das von Bundesminister Hermann Gröhe geplante Gesundheitsstrukturgesetz diskutieren, das in drei Jahren 7000 zusätzliche Pflegekräfte an die Betten bringen soll. "Ein Tropfen auf den heißen Stein", findet Bruch und befürchtet vor allem weiteren Personalbedarf, weil die vorgesehenen Qualitätsvergleiche einen zusätzlichen Dokumentationsbedarf auslösen werden.

Der erfahrene Betriebsratsvorsitzende sieht die Ursachen der Misere in den 1980er Jahren, als die Krankenhäuser nicht mehr als Teil der öffentlichen Daseinsfürsorge gesehen werden sollten, sondern als Wirtschaftsunternehmen, die sich am Markt behaupten müssen. „Seit der Einführung der Fallpauschalen „DRG“ in 2004 als einzige Finanzierungsquelle spielen die tatsächlich anfallenden Kosten keine Rolle mehr“, stellt Bruch fest. Das zwinge dazu, permanent Wachstum (das heißt mehr Operationen) zu erzeugen und schaffe einen ständigen Konkurrenzkampf um die niedrigsten Behandlungskosten.

Bruch weiter: „Seit Einführung der DRG’s (2004-2012) sind die Fallzahlen um elf Prozent angestiegen, die Anzahl der Beschäftigten in der Pflege aber nur um drei Prozent. Im gleichen Zeitraum habe es beim ärztlichen Dienst einen Zuwachs von 25 Prozent gegeben und es werde diskutiert, welche ärztlichen Aufgaben noch von der Pflege übernommen werden könnten, um die Ärzte zu entlasten. Die Ökonomie hat Fragen medizinischer und pflegerischer Ethik immer weiter an die Wand gedrängt“, resümiert Bruch.

Er ist besorgt und fordert eine auskömmliche Personalausstattung: „Die Forderung der Politik nach mehr Qualität ist nicht mit Dokumentationspflichten zu lösen, sondern nur mit mehr Personal, das seine Aufgaben verantwortungsvoll wahrnimmt“. Wenn im deutschen Durchschnitt 13 Patienten pro Pflegekraft betreut werden, in den Niederlanden oder Norwegen aber 3,7 bzw. 4,8 dann spreche das Bände. Die Gewerkschaft ver.di fordere die Rückkehr zu einer gesetzlichen Personalbemessung, das könne in einer leistungsorientierten und angepassten Form der bis 1997 geltenden Pflegepersonalregelung (PPR) geschehen. Zudem müsse der Staat seiner Pflicht zur Investitionsförderung nachkommen, um den Investitionsstau von geschätzt 15 Milliarden Euro abzubauen.

„Überall wo Betriebswirtschaft und Daseinsvorsorge aufeinander treffen, wird es schwierig“, stellte Fraktionsvorsitzender Bernd Becker fest. Das gelte bei der Abfallwirtschaft, der Energieversorgung und der Versorgung mit schnellem Internet, aber eben ganz besonders im Gesundheitswesen, weil es unmittelbar um die betroffenen Menschen gehe. Becker: „Die Politik kann sich der Verantwortung für die Daseinsvorsorge nicht durch Privatisierung entziehen“.

Die Mitglieder der SPD-Fraktion nutzten die Anwesenheit des Krankenhausfachmanns, um die aktuelle Situation der Krankenhäuser in der Region vertiefend zu diskutieren. Für die Sozialdemokraten – so Fraktionssprecher Bernd Becker – ist es ein Gebot der Vernunft, dass die Betriebsräte bei Fragen der organisatorischen Fortentwicklung früher, besser und wirkungsvoller einbezogen werden. „Die Beschäftigten sind die Experten für ihre Situation und jede Geschäftsführung tut gut daran, diese Expertise zu nutzen“, erklärte Heijo Höfer auch im Hinblick auf die Häuser in Altenkirchen und Hachenburg.

MdL Thorsten Wehner betonte, dass die regionale Gesundheitsversorgung bei der SPD einen hohen Stellenwert habe: „Wir wollen mit allen Beteiligten im Gespräch bleiben“. Die Politik müsse aber auch ihre Grenzen kennen. Wehner: „Es kann nicht sein, dass sich Politiker in das operative Geschäft eines Krankenhauses, beispielsweise konkrete Personalangelegenheiten, öffentlich einmischen. Das sind Aufgaben der Geschäftsführung und des Betriebsrates.“
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