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Nachricht vom 24.06.2015
Region
Protest für mehr Personal in Krankenhäusern
Ein ungewöhnliches Bild bot sich am Mittwoch den Patienten und Passanten vor dem Kirchener Krankenhaus: Rund 200 Beschäftigte und Unterstützer hatten sich zusammengefunden, um für eine bessere Personalausstattung im Gesundheitsbereich einzutreten. Der Zeitpunkt der Aktion und die Anzahl der nach oben gehobenen Nummern waren kein Zufall.
Rund 200 Beschäftigte und Unterstützer machten vor dem Kirchener Krankenhaus auf den Personalmangel in Kliniken aufmerksam. Fotos: Daniel PirkerKirchen. „162.000 für 162.000“ – unter diesem Motto fanden am Mittwoch-Mittag deutschlandweit Protestaktionen vor Kliniken statt. Auch Beschäftigte des Kirchener Krankenhauses beteiligten sich an der Aktion der Gewerkschaft Verdi. Insgesamt versammelten sich rund 200 Teilnehmer vor dem Krankenhaus, darunter auch Kommunalpolitiker wie VG-Bürgermeister Jens Stötzel. 94 Karten hielten sie empor. Jede Nummer auf einer Karte stand für einen Arbeitsplatz, der fehlt.

Bundesweit sind dies 162.000 Stellen in allen Pflegebereichen laut der Gewerkschaft. Für den Kirchener Standort herunter gebrochen ergibt sich die Zahl 94, wobei bereits 30 weitere Stellen helfen würden, wie Betriebsratsvorsitzender Eberhard Bruch der Presse erklärte. Insgesamt arbeiten im Kirchener Krankenhaus laut Gewerkschaftsangaben rund 750 Beschäftigte, davon 173 in Vollzeit im Pflegebereich.

Bruch brachte in seiner Ansprache während der Protestaktion auch die Forderungen der Gewerkschaft auf den Punkt: „Wir wollen eine gesetzliche Personalbemessung jetzt!“
Dass die Protestaktionen ausgerechnet am 24. Juni stattfanden, war kein Zufall. Denn an dem Tag kam auch die Gesundheitsministerkonferenz in Bad Dürkheim zusammen. Sowohl an den Bundesminister wie auch die Länderverantwortlichen richtete Bruch vor diesem Hintergrund klare Botschaften. So biete der Entwurf für ein Krankenhausstrukturgesetz keine Lösung für den „dramatischen“ Personalmangel. Mehr Qualität könne es nur mit mehr Personal geben – einen Zusammenhang, den der Gesetzentwurf vollständig ignoriere.

Und das Pflegeförderprogramm der Bundesregierung? Verdiene seinen Namen nicht. Höchstens 7000 Stellen sollen im Rahmen des Programms geschaffen werden. Das seien laut Bruch nur ein Zehntel des Fehlbestands in der Krankenpflege. Auch die 660 Millionen Euro des Programms reichten bei weitem nicht aus. Die Folgen der Unterfinanzierung: Mangelnde Hygiene, Arbeitshetze, Gefährdung des Behandlungserfolgs bei Krankengymnastik und Ergotherapie oder erhöhte Belastung der Gesundheit von Beschäftigten.

Neben dem Bund nahm Bruch ebenfalls die Bundesländer ins Visier. Demnach seien die Fördermittel für Krankenhausinvestitionen nicht ausreichend. Entgegen der Gesetzeslage müssten Kliniken notwendige Investitionen selbst finanzieren. Als Folge würden dann Gelder beim Personal eingespart.
Bruch forderte angesichts dieser Situation die sofortige Einrichtung einer Experten-Kommission im Gesundheitsministerium. Die Aufgabe dieses Gremiums: Vorschläge erarbeiten zur Verbesserung der Personalausstattung und deren Finanzierung, und zwar für die gesamte Versorgung.

Die Forderungen von Verdi (eine komplette Auflistung findet sich unter dem Artikel) stützt sich auf verschiedenen Fakten und Erfahrungen. So hatte die Gewerkschaft im März in knapp 240 Krankenhäusern den Nachtdienst gecheckt. Demnach hatte auf mehr als der Hälfte aller Stationen nur eine Fachkraft alleine gearbeitet. Und in über einem Viertel der Fälle versorgten sie mindestens 30 Patienten. Insgesamt macht Verdi allein in der Krankenpflege einen zusätzlichen Personalbedarf von 70.000 Stellen aus.
Grundsätzlich könne man den Trägern der Kliniken sicher Vorwürfe machen, wie Bruch im Pressegespräch ergänzte. Aber alles in allem seien die Missstände auf die Politik zurückzuführen. Oder wie er es in seiner Ansprache an die Protestierenden ausdrückte: „Die Politik schafft diese Probleme.“ (ddp)

Stellungnahmen der Parteien:

Auch die Parteien setzten sich mit der Protestaktion auseinander. So unterstützen der Kreisverband und die Fraktion der Linken in einer Pressemitteilung den Betriebsrat und die Belegschaft des Kirchener Krankenhauses. Dort herrsche, wie in den meisten Kliniken, ein Personalnotstand, der unverantwortlich sei. Nur eine vernünftige Personaldecke könne dem Wohl der Patienten dienen.

Ausführliche Stellungnahmen der SPD-Kreistagsfraktion und des CDU-Bundestagsabgeordneten Erwin Rüddel finden sich hier und hier.


Die Forderungen von Verdi:


Eine gesetzliche Personalbemessung.
Keine weitere Personalverknappung.
Die Einnahmen der Krankenhäuser für Personal müssen auch beim Personal ankommen.
Die Expertenkommission für die Entwicklung einer bedarfsgerechten Personalbemessung muss sofort eingesetzt werden. Ihr Auftrag muss über die Pflege hinausgehen und alle Berufsgruppen erfassen.
Gesetzliche Pausen und Vorschriften zum Gesundheitsschutz sind einzuhalten.
Intensivstationen müssen nach den Standards der Fachgesellschaften besetzt werden. (Eine Pflegekraft für zwei Patienten.)
Krankenhäuser müssen kontinuierlich über ihre Personalausstattung berichten.
Die Länder müssen wieder für eine ausreichende Investitionsförderung sorgen.
       
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