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Nachricht vom 31.05.2017 |
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Region |
Wissen im Strukturwandel – Fragen und Antworten im "walzWERKwissen" |
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Bürgermeisterkandidat Berno Neuhoff lud am 30. Mai zu einem Vortrag zum Thema „Handel im Wandel“ mit anschließender Diskussionsrunde in das "walzWERKwissen" ein. Referent war an diesem Abend der Wissener Josef Sanktjohanser, Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE). |
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Wissen. Berno Neuhoff nutzte den Abend, um seine Ziele als möglicher zukünftiger Stadtbürgermeister noch einmal zu betonen. Denn auch ihm geht es um den Strukturwandel, der in Wissen in vollem Gange ist und auch weiterhin aktiv vollzogen werden muss. Neuhoff ist sich sicher, dass Wissen den Herausforderungen erfolgreich entgegentreten kann und besonders wichtig ist ihm, dass die Kleinstadt an der Sieg (wieder) eine eigene unverwechselbare Identität ausbildet, sodass Einwohner gerne in ihrer Heimat leben und Gäste sich wohlfühlen können.
Die zentrale Frage an diesem Abend war, ob Städte wie Wissen im Zeitalter der Digitalisierung mithalten können und ob es sich lohne, in eine moderne Entwicklung zu investieren.
Zu diesem Thema referierte der Wissener Unternehmer und Branchenexperte Josef Sanktjohanser. Als ehemaliger Vorstand der PETZ REWE GmbH und in seiner Funktion als Präsident des Handelsverbands Deutschland kennt er sich bestens mit Wirtschaft und Handel aus und stellte sich am Abend zahlreichen Fragen.
Er freute sich, zu Gast in dieser „hervorragenden Kulturstätte“ zu sein und sagt ganz klar, dass die Wissener Unternehmer gerne in ihre Heimatstadt investieren. Wissen habe mehr Chancen als andere vergleichbare Städte, machte Sanktjohanser deutlich.
Dennoch gibt es natürlich auch hier große Herausforderungen, denen man begegnen müsse. Zentrale Themen sind zum einen freies WLAN und die Öffnung der Geschäfte an Sonntagen, der demografische Wandel, der den Konsum maßgeblich bestimmt und die Digitalisierung, bei der die ländlichen Regionen zuweilen hinterherhinken. Bedingt dadurch und durch weitere Faktoren leiden ländliche Strukturen unter der Abwanderung besonders junger Menschen. Nichtsdestotrotz gewinnt günstiges und sicheres Wohnen in ländlichen Regionen wieder mehr an Attraktivität.
Besonders Wissen zeichnet sich durch viele positive Faktoren aus: gute Wohnkultur, Gesundheitsversorgung, Bildungs- und Kultureinrichtungen, gute Bahnverbindung sowie ein gemischtes Gewerbe aus Handel, Handwerk und Industrie.
Die Stadt biete viele Gestaltungsmöglichkeiten, so Sanktjohanser. Was man brauche, sei ein sogenannter City-Manager, der, zusätzlich zu Bürgermeister und Verwaltung, Aufgaben in der Stadtentwicklung übernimmt. Das Konzept des Citymanagements ist integrativ und wird daher in bestehende Strukturen eingebunden. Mithilfe eines City Managers sollen konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Stadt umgesetzt werden.
Ein wichtiger Einflussfaktor für den Handel sind Online-Geschäfte. Der Umsatz des Online-Handels ist von 2005 bis 2017 von 6,4 Milliarden auf 48,7 Milliarden gestiegen. Auch in diesem Bereich muss sich Wissen weiterentwickeln. Einige Betriebe und Geschäfte betreiben bereits eine eigene Internetseite mit Online-Shop. Um auf Dauer mithalten zu können, müssten die restlichen Inhaber jedoch nachziehen. Das Ziel soll nicht sein, gänzlich auf das Einkaufen vor Ort zu verzichten. Vielmehr soll der Online-Handel eine Ergänzung zum vorhandenen Angebot sein. Die Bürger suchen sich gerne Artikel online aus und holen diese dann am liebsten im Geschäft vor Ort ab, so die Erfahrung von Volker Hammer, Inhaber von Intersport Hammer in Altenkirchen.
Weiterhin stellte Sanktjohanser Ergebnisse bzw. Maßnahmen zur Gegensteuerung gegen negative Trends aus der Studie „Vitale Innenstädte“ vor. Besonders im Fokus stehen die Schaffung von Attraktivität durch Ambiente und Flair, die Erhaltung von Baukultur und der digitale Service. Händler wollen fairen Wettbewerb und zudem Treiber von Wachstum und Wohlstand sein.
In der anschließenden Podiumsdiskussion mit Josef Sanktjohanser, Thomas Kölschbach (Vorsitzender Treffpunkt Wissen), Christoph Hoopmann (Geschäftsführer Westerwälder Gästeservice), Matthias Weber (Vorsitzender Wisserland-Touristik) , Oliver Rohrbach (Regionalgeschäftsführer IHK) und Volker Hammer, Beirat IHK Koblenz, Geschäftsstelle Altenkirchen, wurde auf zentrale Fragestellungen näher eingegangen.
Wird Wissen digitaler werden? Thomas Kölschbach machte deutlich: Wissener Händler sind im Internet nicht gut vertreten. Es bestehe die Notwendigkeit, dass man digital von Konsumenten gefunden wird, so Kölschbach. Darauf hat der Treffpunkt Wissen reagiert. Derzeit befindet sich eine App in der Entwicklung, wisserland.de, mit der man alle Geschäfte, Restaurants und Vereine auf einen Blick hat und Informationen ganz leicht über das Handy abrufen kann.
Matthias Weber zeigte sich nach eigener Recherche hingegen überrascht, wieviele Wissener Geschäfte über Online-Shops verfügen. Das Modellbahnen-Fachgeschäft Wilhelm Schmidt generiert 85 Prozent seines Umsatzes über den Online-Handel. Besonders die Kombination von Ladenlokal und Online-Geschäft sei ein gutes Modell, so Weber.
Aber es ist gar nicht so einfach für die Einzelhändler, einen Online-Shop aufzubauen. Hierzu benötigt man Personal, damit der Shop auch gepflegt werden könne, sagte Volker Hammer. Zudem verkaufen Handelsportale wie Amazon oft weit unter Wert – dies können Einzelhändler nicht bieten.
Josef Sankjohanser ist der Meinung, dass man eine „Identität Westerwald“ schaffen müsse. Alle attraktiven Händler müssten ins Netz gebracht werden. Oliver Rohrbach machte klar: „Die Lösungen kommen nicht vom Himmel gefallen“. Man dürfe die Erwartungen nicht zu hoch schrauben.
Zum Thema Tourismus und Handel sagte Matthias Weber, Vorsitzender der Wisserland-Touristik, dass Touristen durchschnittlich 40 Euro pro Tag im Urlaubsort ausgeben. Viele Menschen wissen den Wohnwert auf dem Land wieder zu schätzen und besonders Wissen verfüge über beste Voraussetzungen, ein Wohlfühl-Ort für Einwohner und Gäste zu sein.
Hier spielt natürlich das Stadtbild eine wichtige Rolle. Besonders das liegt auch Berno Neuhoff am Herzen. Auch wenn das Konzept Stadtentwicklung in der Vergangenheit auf große Gegenwehr stieß, muss etwas getan werden. Wichtig sei nicht, was gemacht werde, sondern wie. Neuhoff würde im Falle eines Wahlsieges besonders hier auf Bürgerbeteiligung setzen. Matthias Weber betonte, dass ein schönes Erscheinungsbild unverzichtbar für eine Stadt sei und als Visitenkarte fungiere.
Andrea Schupp, selbst Inhaberin eines Einrichtungsgeschäfts in der Wissener Innenstadt, zeigte sich regelrecht entsetzt über den Zustand vieler Gebäude Wissens. Dabei geht es ihr besonders um die kleinen Dinge, an denen leicht etwas zu ändern wäre. Gepflegte Gehwege, geputzte Fenster, keine von Unkraut bewachsenen Fassaden – jeder Hauseigentümer könne das Stadtbild positiv verändern.
Dies könnte auch vielleicht dazu führen, dass sich Einzelhändler in Wissen ansiedeln. Noch bis zum Jahr 2022 gibt es Zuschüsse für Investitionen. Eine attraktive Innenstadt zieht Unternehmer an und durch eine Belebung des Zentrums würde seine Attraktivität wiederum gesteigert. Im Grunde eine Win-Win-Situation.
Berno Neuhoff ist der Meinung, dass man mit den heimischen Ressourcen werben müsse. Den Wochenmarkt könnte man durch heimische Produkte aufwerten, so eine Stimme aus dem Publikum. Die REWE-Märkte verfolgen bereits dieses Konzept.
Doch welches Fazit kann aus all dem gezogen werden? Wissen steht, nicht zum ersten Mal in der Stadtgeschichte, vor einem massiven Strukturwandel. Dass dies gelingen kann beweisen Projekte wie das kulturWERK und die Ansiedlung der Brucherseifer Transport + Logistik GmbH in den ehemaligen Hoesch-Werken sowie das Germania Brauhaus Wissen, das noch in diesem Jahr eröffnet wird.
Die Experten sind sich einig: Wissen muss zu einer attraktiven Stadt werden, in der Menschen gerne einkaufen und verweilen. Was die Stadt dafür braucht? Mut zum Handeln!
Und so schloss die Veranstaltung mit einem Blick in die nicht allzu ferne Zukunft: Berno Neuhoff hat im Falle der Übernahme des Bürgermeisteramtes große Pläne, die die angesprochenen Themen aufgreifen werden. Es bleibt abzuwarten, inwiefern diese Pläne im Sinne einer positiven Stadtentwicklung und im Hinblick auf die angesprochenen Herausforderungen, den Handel im Wandel, verwirklicht werden können. (rst)
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Nachricht vom 31.05.2017 |
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