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Nachricht vom 20.03.2018
Region
Anna Josepha Wester wird nicht in Vergessenheit geraten
Eine Gedenktafel für Anna Josepha Wester (1804–1871) wurde nun im Marienhaus Altenzentrum St. Josef in Betzdorf enthüllt. Sie erinnert an die Dame, die mit ihrem Nachlass den Grundstein für die Wester'sche Kranken- und Waisenhaus Stiftung legte: Diese befindet sich in Liquidation, aber der von Wester 1871 in ihrem letzten Willen zu Grunde gelegte karitative Gedanke lebt weiter.
Die Gedanktafel zu Ehren von Anna Josepha Wester ist enthüllt: (von links)  Sebastian Schmeier, Mechele Klein und Hans-Günther Ehlgen. Foto: (tt)Betzdorf/Kirchen. Als Anna Josepha Wester am 6. Februar 1871 einen Notar bestellt, um ihren letzten Willen zu formulieren, hatte sie nicht mehr lange zu leben: Am 22. Februar verstarb Wester, die bis dahin als Haushälterin im katholischen Pfarrhaus in Kirchen tätig war. 147 Jahre nach ihrem Tod ist ihr Name nicht in Vergessenheit geraten. Und das liegt in ihrem Testament begründet, mit dem sie etwas verfügte, was bis heute Gutes bewirkt. Wester wollte, dass nach ihrem Ableben eine Stiftung „zur Errichtung eines Hauses für die Verpflegung von Kranken und Waisen“ gegründet wird, wie es auf der Gedenktafel heißt.

Diese hatten Liquidator Hans-Günther Ehlgen, Heimleiter Sebastian Schmeier und Pflegedienstleiterin Mechele Klein am St.-Josefs-Tag (19. März) im Eingangsbereich des Altenzentrums enthüllt. Damit ist die Liquidation der Wester'schen Kranken- und Waisenhaus Stiftung nun endgültig abgeschlossen. Denn diese existiert als solche nicht mehr, aber der Stiftungszweck und damit der letzte Wille von Anna Josepha Wester. Die Haushälterin, am 11. Februar 1804 in Leubsdorf am Rhein geboren, war an Brustwassersucht gestorben. Mechele Klein vermutet, dass es sich dabei um ein Lungenödem gehandelt haben könnte. Drei Tage nach ihrem Tod wurde Wester auf dem Friedhof in Kirchen beigesetzt.

Wie kam das Wester-Vermögen nach Betzdorf?
Welches Vermögen die Dame hinterließ und somit in die Wester'sche Kranken- und Waisenhaus Stiftung einbrachte, das ist heute nicht bekannt. Auch nicht, aus welchem Grund das Vermögen nach Betzdorf kam. Denn in der dortigen Pfarrei St. Ignatius – in Kirchen existierte damals bereits das katholische Elisabeth-Krankenhaus – war der Stiftungsvorstand für die Wester'sche Kranken- und Waisenhaus Stiftung angesiedelt. Für diese wurde im Stiftungsverzeichnis das Jahr 1899 angegeben, berichtete Ehlgen. Aufgrund der Tatsache, dass sich keine Unterlagen mehr aus dieser Zeit haben finden lassen, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden, ob die Gründung davor schon vorgenommen wurde. Ehlgen kann sich persönlich jedoch nicht vorstellen, dass sich 28 Jahre lang nichts getan haben sollte. Am 1. Januar 1900 sei das Reichsgesetzbuch vom Bundesgesetzbuch abgelöst worden. Eine Erklärung könnte es so sein, dass die da bereits bestehenden Stiftungen auf 1899 datiert wurden.

Wie dem auch sei: Die Stiftung – die die älteste im Landkreis Altenkirchen gewesen sein soll – existierte, aber Wester hatte ja auch ein konkretes Ziel testamentarisch verfügt, die „Errichtung eines Kranken- und Waisenhauses“ - und das „unabhängig von der Religion“. „Das war weitblickend“, sagte nun Ehlgen. An der Schwelle vom 19. zum 20. Jahrhundert wurde der letzte Wille Westers ganz praktisch in die Tat umgesetzt: In Betzdorf wurde eine Kranken- und Pflegestation gebaut, wobei Wester mit ihrer Wohltat den Bau und den Betrieb unterstützte. Das St. Josephs-Krankenhaus – heute steht dort die Stadthalle – musste bereits zehn Jahre später mit einem ersten Anbau erweitert werden, weil die Kapazitäten erreicht waren. Gut 70 Jahre nach dem Bau war das Gebäude, in dem Krankenhaus und Kindergarten beheimatet waren, marode, der Betrieb der beiden Einrichtungen sei eingestellt worden, hieß es nun. 1973 erwarb die Stadt Betzdorf das Gelände. Der Kaufpreis von 1,675 Millionen Deutsche Mark (heute rund 850.000 Euro) floss wieder in die Wester'sche Kranken- und Waisenhaus Stiftung zurück. Damals wollte man in Betzdorf ein Altenheim haben, was 1974 mit der Gründung des Vereins Altenzentrum St. Josef e.V. in Bahnen gelenkt wurde. Neben den umliegenden Pfarrgemeinden wurde die Wester'sche Kranken- und Waisenhaus Stiftung Mitglied. Ganz im Sinne der Intention von Wester, die Gutes tun wollte, wurde das Vermögen nach einer Änderung der Satzung beziehungsweise des Stiftungszweckes zur Mitfinanzierung des Neubaus Altenzentrums St. Josef Betzdorf eingebracht. Die Stiftung wurde Miteigentümerin des Hauses. 1977 nahm die Einrichtung an der Elly-Heuss-Knapp-Straße ihren Betrieb auf, also vor 41 Jahren.

Langwierige Auflösung der Stiftung
Auch ein Altenheim kann in die Jahre kommen. Vor knapp zehn Jahren habe sich ein Sanierungsbedarf gezeigt, schilderte Ehlgen. Jedoch habe der Verein die damals schon in einem zweistelligen Millionenrahmen kalkulierten Kosten nicht stemmen können. Die Lösung: Vereinsauflösung und Umwandlung auf die Marienhaus Altenzentrum St. Josef gGmbH, die eine Tochter der Marienhaus-Stiftung Waldbreitbach ist.

Nun ist eine Vereinsauflösung in der Regel in einer Jahresfrist erledigt. Grundlegend anders ist die Sachlage bei der Liquidation einer Stiftung, die ja „auf Ewigkeit gegründet ist“, wie Heimleiter Sebastian Schmeier anmerkte. Ehlgen, der dem Verwaltungsvorstand der Pfarrei St. Ignatius Betzdorf angehört, wurde mit der Aufgabe des Liquidators beauftragt: „Es war ein Akt, denn die Stiftung hatte ja kein Barvermögen, alles steckte im Grundbesitz Altenheim.“ Die anvisierte Liquidation musste von der Aufsichts- und Dienstdirektion (ADD) Trier genehmigt werden. So musste zum Beispiel gewährleistet sein, dass nach dem Verfahren der Stiftungszweck noch Fortbestand hat. Es musste auch sichergestellt werden, was mit dem Vermögen von 850.000 Euro passiert. Ein Übertragungsvertrag der Stiftung an die Marienhaus gGmbH mit der Marienhaus-Stiftung war eine Grundlage. Ehlgen ist heute erleichtert, dass der steinige und langwierige Prozesses von 2011 bis 2017 jetzt abgeschlossen ist. Es habe auch viele Gespräche mit der ADD gegeben, auch persönliche. Für die Behörde war ein weiterer Punkt wichtig: Der Stifterin sollte in einer visuellen Form gedacht werden.

Als schöner Abschluss der Auflösung der Wester'schen Kranken- und Waisenhaus Stiftung wurde die Gedenktafel angebracht. „In dankbarem Gedenken an Anna Josepha Wester aus Kirchen/Sieg“ heißt es auf der Tafel, auf der auch eine Aufnahme vom St.-Josephs-Krankenhaus abgebildet ist und die Wohltat von Wester würdigt. „Ich denke, wir sind dem Willen der Stifterin Anna Josepha Wester gerecht geworden“, meinte Ehlgen. „Gott möge mehren“: Dafür stehe Josef, sagte Ehlgen und meinte, das passe schön. Und so schloss sich der Kreis wieder zu dem letzten Willen von Anna Jospeha Wester, die 1871 Gutes tun wollte, das nach wie vor wirkt. (tt)
 
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