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Nachricht vom 25.11.2009
Region
Erinnerungen an ehemalige Grube "St. Andreas"
Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen des St. Andreas-Hauses am Samstag, 28. November, werden auch Erinnerungen an die gleichnamige Grube wachgerufen, die der Kommunikationsstätte den Namen gab.
Von Rolf-Dieter Rötzel
Bitzen. Die zum ehemaligen Siegerländer Erzgebiet zählende Grube "St. Andreas" hatte über ein Jahrhundert lang für die Bevölkerung des "Berges" und auch darüber hinaus eine wichtige und existenzielle Bedeutung. Ging doch über drei Viertel der männlichen Bevölkerung dem schweren und gefahrvollen Beruf des Bergmannes nach, um den Familien das tägliche Brot zu sichern. Sobald die Jungen aus den umliegenden Dörfern die Volksschule beendet hatten, war die Grube für fast alle die erste Arbeitsstätte. Man begann als "Hallejong" (Haldenjunge) über Tage, um dann nur kurze Zeit später auch unter Tage eingesetzt zu werden. Das Alter der Grube "St. Andreas", so ist im Bildband der Verbandsgemeinde Hamm nachzulesen, lässt sich nur schätzen. Man geht davon aus, dass ebenso wie in den Gruben "Huth" in Hamm und "Hohegrete" in Wickhausen bereits im 16. Jahrhundert "gebergt" wurde. Der Bitzener "St. Andreas" wurde 1827 zusammen mit der Heinrichshütte und weiteren dazu gehörenden Gruben von Johann Heinrich Dresler aus Siegen erworben. Im Jahre 1867 wurde die Anlage eines Tiefbauschachtes (Schacht I) erforderlich, der im Gebiet "Auf dem Lager" eine Teufe von 280 Meter aufwies. In der Beschreibung des Bergreviers Hamm an der Sieg heißt es: "Die Förderung, welche sich im Jahre 1884 auf 16.969 Tonnen Spatheisenstein und 20.366 Tonnen Kupfererz belief, wird bis zur Sollensohle gehoben und gelangt von dort durch den Stollen entweder direkt zu den vorhandenen fünf Röstöfen oder zur Aufberei­tungs­anstalt, deren Apparate mit Menschenkraft betrieben werden. Zur Förderung dient eine 2-cylindrige, 30-pferdige Dampfmaschine mit Vorgelege und zur Wasserhaltung eine gleich starke, liegende, ebenfalls mit Vorgelege und Schwungrad versehene Maschine. Für die Erzeugung des Dampfes sind drei Kessel von 4,5 Atm. Überdruck und 35 bzw. 39 qm Heizfläche aufgestellt, von denen jeder aus einem Oberkessel und zwei Siedern besteht."
Da der Schacht für die ansteigende Förderung nicht mehr ausreichte, teufte man im Jahre 1901 einen neuen Maschinenschacht (Schacht II) auf 570 Meter (17. Sohle) ab. In Zeiten des Stollenbetriebes wurde das gewonnene Erzgestein mit Pferde- und Ochsenfuhrwagen zur Heinrichshütte in Hamm gebracht. Später erfolgte der Erz­transport mittels Seilbahnen. Eine führte zur Heinrichshütte und eine weitere ab 1922 zur "Alten Hütte" in Wissen. Der Grube war eine schnelle Aufwärtsentwicklung beschieden. Ein Spitzener­gebnis in der Förderung erreichte der "St. Andreas" im Jahr 1913 mit 117.392 Tonnen Roherz.

730 Meter unter Tage
Auf Grund der schlechten wirtschaftlichen Lage nach dem 1. Weltkrieg musste der Grubenbetrieb Einschränkungen in Form von Arbeitsentlassungen vornehmen. Im Jahre 1925 schien das Schicksal der Grube besiegelt. Die noch gebrauchsfähigen Anlagen wurden abgebaut und die Grube "abgesoffen". Nach sechs Monaten trat eine Wirtschaftsbelebung ein; man ließ das Wasser wieder auspumpen und nahm den Grubenbetrieb wieder auf. Mit zunehmender Teufe (die größte Teufe lag bei 730 Meter/21. Sohle) - ein sogenannter "Blindschacht" führte von der 15. Sohle abwärts - verlor der Erzgang immer mehr an Länge und vor allem an Mächtigkeit. Der Grubenbetrieb wurde Ende 1931 eingestellt. Eine Arbeitsstätte, die durchschnittlich 400 - in ihrer Blütezeit sogar 500 und mehr Arbeitskräfte - beschäftigte, war zum Erliegen gekommen.
Im September/Oktober 1983 hieß es dann wieder "Glück Auf" im Bereich der ehemaligen Grube "St. Andreas". Im Rahmen des Ausbaues der Landesstraße 267 wurde der Schacht II durch eine Fachfirma geöffnet und mittels eines 25 Meter dicken Betonpfropfens verschlossen und somit abgesichert. Vor den "Verpfropfungsarbeiten" waren Verantwortliche des Bergamtes Koblenz und der bauausführenden Firma mit einem an einem Kranwagen hängenden Sicherheitskorb dann letztmalig in den Schacht "eingefahren", wenn auch nur für 30 Meter.
Heute erinnert eine am Ortseingang Bitzen - von Oppertsau aus kommend - vom MGV Dünebusch anlässlich des 100-jährigen Bestehens des TuS Germania Bitzen im Jahre 2007 aufgestellte Nachbildung des St.Andreas-Fördertums an den ehemals umgegangenen Bergbau.
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"Letzte Einfahrt" in den "St. Andreas" im Oktober 1983 mit einem an einem Kranwagen hängenden Sicherheitskorb. Es ging 30 Meter in die Tiefe, dann wurde der Schacht für immer verschlossen. Archiv/Repro/Fotos: Rolf-Dieter Rötzel
       
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