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Nachricht vom 07.03.2019
Kultur
Ein Wechselbad der Gefühle: Poetry Slam „WortAnklage“ in der Stadthalle Betzdorf
Einen „modernen Dichterwettstreit“ live auf der Bühne miterleben – und selbst mit abstimmen, wer an diesem Abend weiter kommt, das können die Besucher des Poetry Slam „WortAnklage“ am Freitag, den 22. März, in der Stadthalle Betzdorf: Den „hochkarätig besetzten Poetry Slam“ stellte der in Köln lebende Künstler „mario el toro“ bei einem Pressegespräch im Beisein von Vertretern der Aktionsgemeinschaft Betzdorf und Bürgermeister Bernd Brato vor.
Den Poetry Slam „WortAnklage“ stellten in der Stadthalle Betzdorf (von links) Betty Stern, Bernd Brato, Christoph Weller, „mario el toro“ und Citymanagerin Janine Horczyk vor. (Foto: tt)Betzdorf. Die Subkultur Poetry Slam sei längst aus den dunklen Kellerkneipen heraus ans Tageslicht gekommen, sagte „mario el toro“, der aus Wallmenroth stammt und Mario Görög heißt. In großen Städten sei Poetry Slam angesagt und fülle große Hallen, berichtete Görög, der selbst Poetry Slamer ist – im Vorjahr hatte er es bei der Landesmeisterschaft Rheinland-Pfalz in Koblenz bis ins Finale unter die letzten Acht geschafft: „Es gibt unglaublich viel Zulauf.“ Das verdeutlichte er am Beispiel der deutschsprachigen Meisterschaften 2018 im Eishockey-Stadion im schweizerischen Bern: Nach seinen Angaben kamen mehr als 5.000 Besucher.

Hochkaräter kommen nach Betzdorf
Nun gibt es in Betzdorf den ersten offiziellen Poetry Slam, der von der Aktionsgemeinschaft Betzdorf und „mario el toro“ präsentiert wird. Er erinnerte, dass es Poetry Slam schon ein Mal in der Zwei-Flüsse-Stadt gab: bei „Faszination am Fluss“. Bei der Premiere im Jahr 2016 gab es Poetry Slam unter dem Busbahnhof an der Sieg. Damals war auch Johannes Schröder mit von der Partie, der heute als „Herr Schröder“ bekannt sei. Nun wird Betzdorfs gute Stube einen Poetry Slam erleben, der, so „mario el toro“, hochkarätig besetzt ist. Mit Jan Cönig aus Frankfurt kommt der amtierende Hessen-Meister und Finalteilnehmer bei den deutschsprachigen Meisterschaften 2017 in Hannover. 2014 war er im Finale der deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaft im Team, seine Titel sind unter anderem Träger des Karl-Marx-Poesiepreises 2017, zudem war er Stadtmeister in Koblenz und Trier.

Mit Sascha Thamm aus Remscheid kommt ein dreifacher Finalist der NRW-Meisterschaften. Er ist unter anderem Gewinner des NDR-Comedy-Contests und der Goldenen Feder Lüdenscheid – und: Mit seinem Bühnenprogramm „Dynamitfischen in Venedig“ ist er zudem auf den Kleinkunstbühnen in der Republik unterwegs. Es hat sich auch Ella Anschein aus Siegburg angekündigt, die seit 2016 eine Berufsausbildung zur Schauspielerin macht und sagt: „Poetry Slam übe ich derweil als freien Beruf aus, aus der Leidenschaft ist ein wichtiger Lebensinhalt geworden.“

„Phriedrich Chiller ist die wahnwitzige Personalunion aus Eminem und Heinz Erhardt“, heißt es einer Presseinfo, die Mario Görög mitgebracht hatte. Phriedrich Chiller ist Teil des Duos „Die Fabelstapler“, mit dem er mehrfach das Team-Finale der deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften erreichte. Die junge Poetin Kim Catrin aus Düsseldorf steht seit Frühjahr 2016 aktiv auf den Poetry-Slam-Bühnen. 2017 schaffte sie es mit ihren Texten ins Finale der deutschsprachigen U20-Meisterschaften. Aus der Info geht weiter hervor, dass sie Teil des Slam-Teams Parkpunk ist und zur Essener Lesebühne Schall und Rauch gehört. Mit Lea Winkler aus München kommt eine Slam-Newcomerin, Teilnehmerin an den bayerischen Landesmeisterschaften 2019.

Leidenschaft für Petry Slam
Die Aktionsgemeinschaft Betzdorf, die vom stellvertretenden Vorsitzenden Christoph Weller und Betty Stern (Beirat) vertreten war, habe kulturell etwas bewegen wollen, und er habe die Kontakte zu den Poetinnen und Poeten, sagte „mario el toro“, und so habe sich ergeben: „Lasst uns was machen.“ Er ist selbst Slam-Master, also veranstaltet und organisiert Poetry Slams – und steht als Poetry Slamer auch auf der Bühne. Wenn mario el toro erzählt, dann spürt man seine Leidenschaft für Poetry Slam – auch wenn er am Freitag, 22. März, selbst nicht am Wettstreit teilnehmen wird: „Ich darf in Betzdorf moderieren, aber der Moderator darf nicht teilnehmen.“ Er wird die Künstlerinnen und Künstler vorstellen, aber auch eingangs einen Text vorgetragen, dem sich eine Probeabstimmung anschließt. „Faszination am Fluss“ habe bereits begeistert, was sich da an Wortakrobatik abgespielt habe, erinnerte sich Bürgermeister Bernd Brato. Es stecke eine Wortgewalt dahinter. Diesmal sei es ein „anderes Kaliber bei der Auswahl als bei ,Faszination am Fluss'“, machte „mario el toro“ Geschmack.

Beim Poetry Slam können die selbstgeschriebenen Texte der Poetry Slamerinnen und Poetry Slamer ganz facettenreich daher kommen. Vielleicht sei es ein Liebesgedicht, es könne aber auch Klamauk oder ein kurioser Text sein, sagte er. In den Texten werde oft auch Schicksalhaftes verarbeitet, oder es gehe vielleicht eher in Richtung Tagebuchlyrik, gab er einen Einblick. Poetry Slam lasse sich am besten als „moderner Dichterwettstreit“ übersetzen, erläuterte er. Aber wer hier langweilige Gedichte vermute, der täusche sich, hieß es: Poetry Slam sei ein Bühnenfeuerwerk, das die Lachmuskeln animiere, aber auch die Tränendrüsen aktivieren könne. „Egal ob ernst, lustig, nachdenklich, politisch oder skurril, Poetry Slam ist Bühnenleidenschaft, die man sich nicht entgehen lassen sollte“: Das wurde bei dem Pressegespräch deutlich.

Denkbar ist auch ein Käsekuchen-Rezept
Die Szene im deutschsprachigen Raum bezifferte „mario el toro“ mit gut 1.000 Poetry Slamerinnen und Poetry Slamern. „Beim Poetry Slam gibt es alle fünf Minuten etwas Neues.“ Vielleicht habe man gerade Tränen gelacht, während sich beim nächsten Text die Haare aufstellen. „Es ist ein Wechselbad der Gefühle.“ Hinzu komme der Showcharakter: Das Publikum selbst entscheide, wen es im Finale sehen möchte. Auf den Sitzplätzen liegen Karten, auf denen die Zuschauerinnen und Zuschauer nach jedem Beitrag abstimmen können. Für die Text beziehungsweise die Darbietung gibt es ein paar Regeln. Es muss ein selbstgeschriebener Text sei, berichtete „mario el toro“. Dieser müsse sich nicht reimen. Denkbar wäre auch ein Rezept für den eigenen Käsekuchen, wenn es interessant rüber gebracht werde: „Es ist Schauspielerei.“

Die zweite Regel ist das Zeitlimit, das in Betzdorf bei sechs Minuten pro Beitrag liegen soll. Und beim Poetry Slam werden keine Requisiten zugelassen, keine Verkleidung und keine Instrumente. Auch kein Handy, es sei denn, es dient dazu, den Text abzulesen – denn von einem Blatt oder aus einem Buch darf auch abgelesen werden, machte „mario el toro“ vertraut. Eine Regel gibt es auch für das Publikum: „Respect The Poetry.“ Zuhören, unterstützen, und der Poetry Slamerin oder dem Poetry Slamer den Raum geben, um wenige Minuten etwas vorzutragen. Denn diese würden unter Umständen eine weite Strecke fahren, um fünf Minuten einen Text vorzutragen, dann aber eventuell nicht mehr weiter zu kommen. In Betzdorf soll es eine Vorrunde mit sechs Aktiven geben, von denen vier ins Halbfinale kommen – und dann zwei ins Finale. Für die drei Runden muss jeweils ein anderer Text vorgetragen werden, der im Übrigen Zitate beinhalten darf, die jedoch gekennzeichnet sein müssen.

Der Poetry Slam „WortAnklage“ beginnt am Freitag, 22. März, um 20 Uhr (Einlass 19 Uhr, freie Platzwahl) in der Stadthalle. Karten gibt es im Vorverkauf für 10 Euro bei der Buchandlung MankelMuth, im Ausdauer-Shop in Betzdorf und bei www.eventim.de. Der Abendkassen-Preis beträgt 12 Euro. Weitere Informationen gibt es online: www.facebook.com/Wortanklage. (tt)
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