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Nachricht vom 06.03.2010
Region
Rund 600 gingen für Notarzt auf die Straße
Es wurde nicht gegen etwas demonstriert - sondern für etwas. Es ging um den Erhalt der Notarztversorgung im Großraum Wissen, die seit Bekanntwerden der Schließung der Inneren Abteilung und der Intensivstation am Wissener Krankenhaus zum 1. April eine neue Dimension erhalten hat. Rund 600 Menschen folgten dem Aufruf der CDU und FWG und machten ihren Sorgen und Ängsten Luft. In Kürze sollen Gespräche mit dem Landrat in Montabaur geführt werden, um eine schnelle Lösung zu finden und umzusetzen.
Wissen. Dem Aufruf der CDU und FWG zur Demonstration für den Erhalt des Notarztstandortes Wissen folgten am Samstag, 6. März, rund 600 Menschen. Am Regio-Bahnhof formierte sich der Zug gegen 11 Uhr, an der Spitze Bürgermeister Michael Wagener, Landrat Michael Lieber, MdB Erwin Rüddel, die Landtagsabgeordneten Dr. Peter Enders und Dr. Josef Rosenbauer, Dr. Michael Theis, Sprecher des Ärztenetzes Wissen/Hamm und Notarzt, sowie die Fraktionssprecher Claus Behner (CDU) und Hubert Wagner (FWG). Später reihte sich Pfarrer Martin Kürten noch in die Spitze des Zuges ein.
Die Demonstranten kamen nicht nur aus dem Stadtgebiet Wissen, auch aus der VG Gebhardshain und aus den unterschiedlichen Orten rund um Wissen. Vereinsvertreter waren ebenso zur Demo gekommen wie zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, die sich große Sorgen um ihre ganz persönliche Sicherheit machen. Mit Transparenten und Trillerpfeifen ausgestattet zogen die rund 600 Demonstranten durch die Innenstadt bis zur DRK-Rettungswache. Dort fand die Abschlusskundgebung statt.
In den unterschiedlichsten Transparenten drückten die Wissener ihren Unmut, aber auch ihre Forderungen aus. Die zentrale Forderung: Die Notarztversorgung muss in Wissen bleiben! Wagener hatte vor dem Start deutlich gemacht, dass man für den Erhalt des Standortes auf die Straße gehe und ein Signal setzen müsse.
Ob der Krach der rund 600 Trillerpfeifen in Mainz gehört wird, bleibt abzuwarten. Fakt ist, die Menschen erwarten ein klares Wort des zuständigen Ministeriums, und zwar schnell. Denn mit der Schließung der Inneren und der Intensivstation am St.- Antonius-Krankenhaus zum 1. April ist eine neue Dimension in Sachen Unterversorgung entstanden. Damit sei man überrascht worden, gab der Bürgermeister bekannt, und jetzt sei das akute Problem der notärztlichen Versorgung schnellstens zu regeln. Eine Organisation mit Zweitsitz in Wissen stehe bereit, es gebe denkbare Lösungen, die Notarztversorgung sicherzustellen. Reiner Hecker vom Deutschen Institut für Katastrophenmedizin mit Hauptsitz in Tübingen wohnt und arbeitet in der VG Wissen. Er hatte bereits vor Monaten signalisiert, Lösungsmodelle parat zu haben. Darüber soll in den nächsten Tagen mit Landrat Achim Schwickert (Westerwaldkreis), Landrat Michael Lieber und der Organisation gesprochen werden.
Dr. Michael Theis ist nicht nur Notarzt und oft im Einsatz, er ist auch Sprecher des Qualitätsnetzes der niedergelassenen Ärzte in Hamm und Wissen. Er plädierte dafür, aus der Misere keinen Parteienkrieg werden zu lassen, sondern gemeinsam für die Sache zu kämpfen. "Kommt es zu einer Zusammenlegung der Notarztstandorte, wird dies Leben kosten", sagte Theis. Der Notarzt zeigte auf, dass bis 30 Minuten Rettungsfristen für Notfälle viel zu spät sind. "Es liegt am Geld, und deshalb muss eine Grundsatzentscheidung des Innenministeriums her", forderte Theis. Er appellierte an die Bevölkerung, sich vehement auch bei den Krankenkassen dafür einzusetzen, dass die Notarztversorgung entsprechend bezahlt werde. "Gehen Sie zu ihrer Krankenkasse, fordern sie ihr Recht, denn ein Kassenpatient in Koblenz muss genauso viel wert sein wie ein Kassenpatient im Wisserland", sagte Theis. "Es muss jetzt schnell gehen, wir haben nur noch drei Wochen Zeit, reden sie mit ihrer Krankenkasse, bauen sie Druck auf", empfahl der Mediziner.
MdL Dr. Peter Enders sprach vom Notfall in Wissen, der mit der abrupten Schließung der Inneren jetzt eine neue Dimension erreiche. "Jetzt muss auch die Bevölkerung Druck aufbauen, damit die Kostenträger entscheiden und das Innenministerium eingreift", forderte Enders. Er hatte in seiner Ansprache die gesetzlichen Grundlagen in Rheinland-Pfalz zur Notarztversorgung erläutert und vom Skandal gesprochen, da zurzeit keine dieser Regelungen Anwendung finde. "Heute geht es nicht um Mainz oder Montabaur, es geht um Wissen und die Menschen hier in der Region", sagte Enders. "Was nützt uns das beste Krankenhaus in erreichbarer Nähe, wenn die Zeit bis zur Erstversorgung eines Notfallpatienten nicht funktioniert", meinte Enders. Das Finanzproblem habe der DRK-Landesverband mit der Reduzierung der Notarztstandorte lösen wollen, daran sei nicht der Landrat in Montabaur schuld, führte Enders aus. Er forderte auch im Vergleich zu anderen Regionen im Land eine angemessene Bezahlung der Notärzte. Seine Forderung: Möglichst schnell die Sicherstellung der notärztliche Versorgung im Raum Wissen und zwar für 365 Tage im Jahr. Dazu soll die Bevölkerung mithelfen und den entsprechenden Druck auf Krankenkassen und Landesregierung ausüben.
FWG-Sprecher Hubert Wagner forderte ebenfalls von den Bürgerinnen und Bürgern die Unterstützung. Es sei ein tolles Bild, so viele hundert Menschen zu sehen, aber jetzt sei auch weiteres Engagement gefragt. "Gehen sie zu ihrer Krankenkasse, machen sie mobil", rief er den Demonstranten zu.
Das Deutsche Institut für Katastrophenmedizin, Tübingen, mit Zweitsitz in Wissen-Schönstein, steht bereit, um die Notarztversorgung in der Region sicherzustellen. "Da gibt es denkbare Lösungen, die jetzt schnell verhandelt werden müssen. Dies soll in den nächsten Tagen geschehen", sagte der Bürgermeister am Ende der Demonstration.
"Hoffentlich hilft die Demo diesmal, und es wird gut ausgehen für die Menschen“, sagte Erich Habermann, Rektor a.D. des Kopernikus-Gymnasiums Wissen. Er erinnerte an die große Demonstration für das Krankenhaus, als die Chirurgie im Jahr 1997 geschlossen wurde. Die Notarztversorgung sei für die Menschen von elementarer Bedeutung. (hw)
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Transparente, wie dieses Beispiel, zeigen den Zorn und Unmut der Wissener Bevölkerung - aber auch die Ängste. Fotos: Helga Wienand (11) Thorben Burbach (16)
       
       
       
       
       
       
 
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