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Nachricht vom 23.08.2019 |
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Politik |
Einwohnerversammlung in Wissen: Kommen Wiederkehrende Ausbaubeiträge? |
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Kommen sie nun oder kommen sie nicht, die Wiederkehrenden Beiträge zur Finanzierung des Straßenausbaus in der Stadt Wissen? Die Antwort gab es auch in der Einwohnerversammlung im Kulturwerk noch nicht. Denn die Entscheidung trifft der Stadtrat. Rechtsanwalt Carsten Schwenk aus Koblenz informierte ausführlich über einen möglichen Wechsel des Beitragsystems vom Einmalbeitrag zum Wiederkehrenden Beitrag. Auch die mögliche Abschaffung der Beiträge war Thema. |
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Wissen. Die Stadt Wissen hatte zu einer Einwohnerversammlung eingeladen, um die Bevölkerung durch einen Fachanwalt über die zu erwartenden Straßenausbaubeiträge in den nächsten Jahren zu informieren. Konkret war die Fragestellung: „Wie können wir unsere kaputten Stadtstraßen in Wissen sanieren und finanzieren?“ Der Einladung folgten weit über 300 Einwohner. Stadtbürgermeister Berno Neuhoff freute sich über die große Resonanz und erläuterte in Kurzform, worum es ging. Per Leinwandprojektion legte er eine Liste von insgesamt 45 sanierungsbedürftigen Straßen in der Stadt vor, wobei Wissen mit einem Straßennetz von 71 Kilometern ein vergleichsweise großes Straßennetz hat. Der Sanierungsaufwand würde in Gänze rund 38,75 Millionen Euro betragen, wobei die Preise von vor zwei Jahren zugrunde liegen. Die Stadt Wissen steht wegen ihrer Schulden von rund 20 Millionen Euro durch die Kommunalaufsicht unter Zwang wegen der Haushaltskonsolidierung, zur Zeit werden rund 500.000 Euro alleine für den Unterhalt der Straßen aufgebracht. Neuhoff sieht die Fehler in der Vergangenheit, weil der Straßenbau in Wissen massiv vernachlässigt wurde. Die Finanzierung der Ausbaubeiträge sei unerlässlich, da gesetzlich vorgeschrieben. Der Stadtrat wird dabei entscheiden, ob man sich im hergebrachten System der Einmalbeiträge bewegt oder einen Wechsel zu Wiederkehrenden Beiträgen vollzieht. Und: Wenn bis zum 31. Dezember 2022 keine Entscheidung gefallen ist, dann fallen Zuschüsse in Höhe von rund 6 Millionen Euro aus dem Förderprogramm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ weg, hieß es. Die Krux bei der ganzen Sache sind die Landtagswahlen im Jahr 2021, wonach sich dann alles ändern könnte – Stichwort Abschaffung der Ausbaubeiträge durch das Land. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat erst kürzlich bekräftigt, dass bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode keine Änderung der gesetzlichen Vorschriften erfolgen wird.
Referent für Systemwechsel
Berno Neuhoff versicherte, dass der Stadtrat die Bürger aus Wissen mit ins Boot holen und jeweils über den neuesten Stand informieren wolle. Das Thema wird die Stadt Wissen in der nächsten Zeit noch eingehend beschäftigen. Der Stadtbürgermeister übergab anschließend das Wort an Rechtsanwalt Carsten Schwenk von der Koblenzer Kanzlei Caspers, Mock und Partner, einem versierten Fachanwalt auf diesem Gebiet, der in einem rund 45-minütigen Referat klar und sachlich versuchte, die sehr komplexe und schwierige Materie zu verdeutlichen. Vorgreifend wird festgestellt, dass Schwenk die Abrechnung über Wiederkehrende Beiträge den einmaligen Beiträgen vorziehen würde. Er begründete das so: In der Stadt Wissen ist beabsichtigt, die Abrechnungsgebiete in fünf Bezirke aufzuteilen, Wenn die anfallenden Straßenausbaubeiträge in diesen Abrechnungsgebieten jeweils auf alle Haus-und Grundbesitzer umgelegt würden, die in diesen Gebieten Eigentum haben, auch dann könnten die Beiträge insgesamt günstiger ausfallen als bei einer Einmalberechnung.
Die Grundzüge beider Systeme
Neben dem Anteil, den die Stadt tragen muss, zahlen beim Einmalbeitrag nur die Anlieger der betroffenen, also der auszubauenden Straße. Die Höhe des Betrags hängt unter anderem von den Kosten der Maßnahme, der Größe und Nutzung des Grundstücks sowie der Geschosszahl des Hauses ab. Das kann für einen Hauseigentümer zweifellos sehr teuer werden, laut Schwenk „in Einzelfällen auch im sechsstelligen Bereich“. Beim Wiederkehrenden Beitrag wird das Stadtgebiet in mehrere Einheiten aufgeteilt. Wird eine Straße in diesem Gebiet erneuert, zahlen alle Eigentümer innerhalb dieser Einheit gemeinsam die anfallenden Kosten. Der Beitrag für den Einzelnen wird aufgrund der durchschnittlich zu erwartenden Kosten der nächsten Jahre und Berücksichtigung der Verwirklichung eines Bauprogramms für die Abrechnungseinheit errechnet. Die Entscheidung für die Wiederkehrenden Beiträge erfordert laut Schwenk natürlich auch eine gewisse Solidarität nach dem Motto: „Was einer nicht schafft, das schaffen viele.“ Die Lasten sollen auf viele Schultern verteilt werden.
Verschonungsregel greift
Es sei auch festzustellen, so der Anwalt, dass viele Eigentümer in ihren Straßen über den teilweise desolaten Straßen Zustand meckern. Steht dann eine kostenpflichtige Sanierung an, heißt es bisweilen: „Ach, so schlimm ist es ja noch nicht, es geht ja noch.“ Schwenk hatte damit wohl voll ins Schwarze getroffen, denn nach diesem Satz wurde im Publikum gelacht und kurz diskutiert. Eine Verschonungsregel kann natürlich in Anspruch genommen werden, wenn das Beitragssystem sich ändert. Wo gerade oder erst vor wenigen Jahren ausgebaut wurde, wäre dann für eine gewisse Anzahl von Jahren außen vor und müsste sich nicht an den Wiederkehrenden Beiträgen beteiligen. Schwenk sprach von 13 bis 20 Jahren. Berno Neuhoff fasste nach dem Referat zusammen, dass Nichtstun die Stadt Wissen teuer zu stehen kommen wird, wenn man nicht in den nächsten Monaten eine Entscheidung treffe, eben auch, weil mit der Rathausstraße eine Straße zur Sanierung ansteht, für die es Fördergelder gibt, aber eben nur – wie beschrieben – bis 2022.
SPD will die Landtagswahlen abwarten
Dann hatten die Fraktionssprecher der im Stadtrat von Wissen vertretenen Parteien die Gelegenheit, Stellung zu beziehen. Vorsichtig positiv, aber noch ohne abschließende Stellungnahme zu den Wiederkehrenden Beiträgen äußerten sich die Fraktionsvertreter Karin Kohl (Bündnis90/Grünen), Ulrich Marciniak (CDU) und Paul Nickel (FWG). Man müsse das Ergebnis der Veranstaltung auswerten und dann eine Entscheidung treffen, die solidarisch ausfallen sollte. Dietmar Schumacher von der SPD war da etwas anderer Ansicht, als er meinte, seine Fraktion werde beantragen, die Entscheidung über die Ausbaubeiträge bis nach der Landtagswahl 2021 zu verschieben. Dies begründete er damit, dass es möglich sei, die Ausbaubeiträge könnten nach der Wahl ganz gestrichen werden. Das Ansinnen der SPD führte zu einigem Unverständnis unter den Besuchern des Kulturwerks, da, wie skizziert, für den Fall der Verschiebung der Entscheidung die Gefahr besteht, dass Fördermittel in Millionenhöhe wegfallen könnten.
Die Glaskugel hat keine Antwort
Im Anschluss fand eine lebhafte Debatte mit den Besuchern statt, deren Sorgen erkennbar sehr ernst genommen wurden, da alle Fragen ausführlich beantwortet wurden, jedoch ob der fehlenden Entscheidung ohne jede Garantie abgegeben wurden. Die Besucher suchten nach Anhaltspunkten, was auf sie zukommen könnte, wollten aber – auch mit Blick auf eine mögliche Abschaffung der Beiträge – weder Kaffeesatzleserei abhalten noch die Glaskugel befragen. Sicher ist, dass in den nächsten Monaten bis zu einer endgültigen Entscheidung noch viele heiße Diskussionen in Wissen geführt werden. (wear)
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