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Nachricht vom 13.05.2010
Region
Brücke verriegelt: Bürger aus Thal sind stinksauer
Das Nistertal ist eines der schönsten Regionen im AK-Land und zahlreiche Menschen wandern oder fahren mit dem Rad im Landschaftsschutzgebiet. In dieser reizvollen Landschaft liegt Thal, ein Ortsteil der Gemeinde Roth mit einer Brücke über den Fluss. Die wurde nun aber in einer Blitzaktion gesperrt, sogar für Fußgänger, und von Wissen aus kommend gibt es keine Zufahrt mehr ins Dorf. Bislang wurden weder die die Ortsgemeinde, die betroffenen Unternehmen noch die Bürger des Ortes informiert.
Thal. Das kleine idyllische Dorf Thal gehört zur Ortsgemeinde Roth, beherbergt zwei Unternehmen und rund 50 Menschen leben im Dorf an der Nister. Sie sind stinksauer, dabei ist dies noch mild ausgedrückt. Die Brücke über die Nister, im Verlauf der Kreisstraße 48, wurde in einer Blitzaktion am 30. April um 11 Uhr voll gesperrt. Angeordnet hatte dies der Landesbetrieb Mobilität (LBM) in Diez, so kann man in einer Mail lesen. Niemand wurde informiert, die Einwohner nicht, der Bürgermeister nicht und jegliche Information, warum und wieso die Vollsperrung, auch für Fußgänger und Radfahrer, ist bis zum 13. Mai auch nicht erfolgt.
Anfragen blieben ohne Erfolg, ein Grund, dass der diensttuende Bürgermeister Udo Hammer (Ortsbürgermeister Friedbert Meyer ist erkrankt) den Feiertag nutzte, um die Bürger von Thal wenigstens mit seinem Kenntnisstand zu versorgen und zu informieren. Fast alle Einwohner von Thal waren zum Treffpunkt an die gesperrte Brücke gekommen, auch Jan Burbach, Ortsbürgermeister in Bruchertseifen. Die Ortsgemeinde ist zwar nicht direkt betroffen, aber indirekt schon durch ein deutlich erhöhtes Verkehrsaufkommen.
Hammer kritisiert deutlich die Informationspolitik und will im Sinne der Bürgerschaft wenigstens die Öffnung für Fußgänger und Radfahrer wieder erreichen. Dass die Brücke aus dem Jahr 1958 marode ist, das steht außer Zweifel. Dass die Brücke in den über 50 Jahren nicht gepflegt und gewartet wurde, weiß jeder im Ort. "Ab und zu kam mal ein Schaufel Kaltasphalt in ein Frostloch", schimpft ein älterer Herr. An der gesperrten Brücke haben beherzte Fußgänger und Wandergruppen längst zur Selbsthilfe gegriffen und die schweren Absperrbaken soweit zur Seite geschoben, dass man hindurch schlüpfen kann. Die Leute nutzen es, es sind Wanderer unterwegs, die zum Hahnhof ins Nistertal wollen oder auch von dort kommen und den Heimweg antreten.
"Das hier ist ziviler Ungehorsam, ich gehe über diese Brücke seit ich denken kann. Noch vor 16 Tagen stand hier auf der Brücke ein ausländischer 16-Tonnen Lkw, der von seinem Navigationsgerät falsch geleitet worden war. Und jetzt dürfen wir noch nicht einmal zu Fuß über unsere Brücke gehen", schimpft ein Anwohner und umgeht wie alle anderen demonstrativ die Absperrung.
Manfred Brucherseifer, der seinen Betrieb in Thal hat, sein Lager aber in den ehemaligen Dalex-Hallen an der Nister, ist ebenfalls stinksauer. "Ich muss jetzt über Hohensayn, Roth, Nisterbrück und Wissen fahren, einfache Strecke sind das sieben Kilometer, da kommen locker 1000 Kilometer Umweg im Monat zusammen", so der Unternehmer. "Warum hat uns keiner informiert?", will er ebenso wie die übrigen Bürger wissen.
Wie gedankenlos Verwaltungen handeln, machten Schüler und Einwohner vor Ort deutlich. Am Freitag, 30. April, also vor dem Feiertag, wurde die Brücke gesperrt. Gerade an dem langen Wochenende ist das Landschaftsschutzgebiet stark frequentiert, Wanderer und Radfahrer standen vor der Sperrung. Eine Beschilderung, die auf die Sperrung hinweist, fehlt gänzlich, bis heute. Am Montag, 3. Mai, stand der Schulbus auf der K 133, aber die Jugendlichen konnten nicht über die Brücke. Der Busfahrer war nicht informiert, er suchte verzweifelt eine Lösung. Die Postfahrzeuge standen vor der Brücke, ebenso wie andere Versorgungsfahrzeuge.
"Ich bin an dem Tag morgens zum Krankenhaus nach Siegen gefahren und mittags kam ich nicht mehr zu meinem Haus, es war wie ein Schock. Ich musste rückwärts in dem Matsch wenden und über Roth und Hohensayn nach Hause fahren", berichtet eine Anwohnerin. Manche Leute haben Angst. Was ist, wenn ein Rettungswagen ins Dorf muss oder ein Notarzt? Wurden die auch nicht informiert? Der AK-Kurier fragte bei der zuständigen Rettungswache in Wissen nach. Dort war am 5. Mai eine Mail der Rettungsleitstelle Montabaur eingegangen, die über die Sperrung informierte.
Es gab keine Information an die Ortsgemeinde und die betroffenen Einwohner, bis heute nicht. Hammer wandte sich an die Verbandsgemeinde, an die Kreisverwaltung, und natürlich an den LBM. Er erhielt keine Antwort. Am 4. Mai schrieb Hammer an den Landrat und bat um Aufklärung, vor allem aber will er die Öffnung für die Fußgänger wieder erreichen. Eine Antwort hat er bis heute nicht.
Die besondere Situation der Brücke ist seit dem Jahr 2008 bekannt, und die Ortsgemeinde bat dringend um Aufnahme in das Brückenbausanierungsprogramm. Doch Bürgermeister Rainer Buttstedt erhielt am 5. Februar 2010 die Absage des Kreises, der sich angesichts der angespannten Haushaltslage außerstande sieht, ein weiteres Brückenbauwerk in das Sanierungsprogramm aufzunehmen. Lieber schrieb damals, dass zwar eine Sanierung vorgesehen sei, man sich aber auf eine zeitliche Umsetzung nicht festlegen wolle.
Per Mail teilte ein Mitarbeiter des LBM Diez die Vollsperrung der Brücke der Bundeswehr, den Ordnungsämtern der Verbandsgemeindeverwaltungen Hamm und Wissen, der Leitstelle Montabaur und den zuständigen Polizeidienststellen in Altenkirchen und Wissen mit. Bislang fehlt jede Begründung für die Vollsperrung, die vor allem die Fußgänger hart trifft. "Wir wollen alle gemeinsam versuchen, die Brücke für die Fußgänger wieder frei zubekommen, es soll dazu auch eine Sondersitzung des Rates geben", sagte Hammer.
Den Einwohnern von Thal ist klar, dass die Brücke ziemlich marode ist und dringend erneuert werden muss. Aber dass man so mit Bürgern umgeht - das wollen sie nicht akzeptieren und sind entsprechend verärgert. Da die Vollsperrung für ein Jahr angeordnet wurde, denken viele mit Schrecken an den Winter. Die Steilstrecke nach Hohensayn - wie sollen da Kinder zur Schule kommen oder die Leute zur Arbeit? "Wie man hier mit uns umgeht, das ist nicht mehr normal", schimpft ein Senior. (Helga Wienand)
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Zurzeit kommissarischer Bürgermeister der Ortsgemeinde Roth ist Udo Hammer (links). Er will möglichst schnell erreichen, dass zumindest die Fußgänger wieder über die Brücke in Thal dürfen. Fotos: Helga Wienand
       
   
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