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Nachricht vom 09.03.2020
Wirtschaft
König Fußball: Die Kommerzialisierung und die Folgen für die Sportwelt
24 Mannschaften haben 1994 an der Fußball-Weltmeisterschaft der Herren in den USA teilgenommen, aus der Brasilien als Weltmeister hervorging. 32 Jahre später wird wieder eine WM in den Vereinigten Staaten ausgetragen. Dieses Mal werden die USA das Turnier zusammen mit Kanada und Mexiko veranstalten. Drei statt ein Gastgeber und 48 statt 24 teilnehmende Mannschaften.
Foto und Quelle: jarmoluk | pixabay.comDie Erweiterung der WM 2026 ist beispielhaft für die Entwicklung des modernen Sports. Auf der Jagd nach immer größeren Einnahmequellen bauen die Funktionäre die Turniere aus. Die Belastung der Sportler steigt, doch die Kasse klingelt im Fußball – mit Folgen für Fans und andere Sportarten.

Fußball rund um die Uhr
Schon heute ist klar: 2026 werden sich erstmals 48 Mannschaften für die Endrunde der WM qualifizieren. Für die Freunde des Fußballs bedeutet die Erweiterung des Teilnehmerfeldes vor allem mehr Spiele in kürzester Zeit. 16 weitere Partien werden bei einer WM mit 48 statt 32 ausgetragen. Mindestens fünf Spiele sind pro Tag zu absolvieren, soll ein aufgeblähtes Turnier nicht zeitlich ausgedehnt werden.

In der Realität bedeutet das, die Kicker müssen rund um die Uhr gegen den Ball treten. Wer gern Fußball schaut, kann bei einer WM mit 48 Mannschaften rund acht Stunden vor dem Fernseher verbringen. Gianni Infantino, seines Zeichens FIFA-Präsident und Befürworter einer WM mit 48 Teams, wird es gänzlich egal sein, wie viele Zuschauer die Spiele anlocken. Er sieht das Geld. Mindestens 400 Millionen Dollar zusätzlich winken der FIFA bei einer Ausweitung. So viel Geld hätte die bis vor einiger Zeit geplante Erweiterung der WM 2022 in Katar gebracht.

Mehr Spiele für Vereine
Nicht nur auf internationaler Ebene hat die FIFA grundlegende Veränderungen geplant, die mehr Geld in die ohnehin prall gefüllten Kassen spült. Vereinsmannschaften werden ab kommender Saison an einer neuen Form der Klub-WM teilnehmen. Der FC Liverpool gewann als bisher letztes Team den Pokal im alten Modus.

Die neue Klub-WM bedeutet vor allem: viel mehr Spiele in kürzester Zeit. Statt die Champions der jeweiligen Konföderationen gegeneinander spielen zu lassen, messen sich 24 Mannschaften miteinander. Ausgetragen wird die erste Klub-WM mit 24 Mannschaften in der Wirtschaftsmacht und Reisedestination China. Das Reich der Mitte ist ein Wachstumsmarkt, den die FIFA erobern möchte. Selbstverständlich lockt China den Weltverband und die Mannschaften mit sehr viel Geld.

Der Sieger des Pokals kann mit einer Prämie im dreistelligen Millionenbereich rechnen. In den Kassen der FIFA wird trotz großzügiger Prämien genug Geld bleiben. Die chinesische Regierung hat sich die Rechte an der Klub-WM viele Milliarden kosten lassen.

Einseitige Sieger
Die Kommerzialisierung des Fußballs hat erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Sportwelt. Bemerkbar macht sich das durch steigende Transfersummen und Gehälter. Knapp 70 Prozent aller Ausgaben von Fußballvereinen fließt direkt in die Gehälter und Gebühren von Beratern. Steigende TV-Erlöse und Sponsorengelder sind nicht nur für die Spitzenvereine in der Fußball-Bundesliga ein Gewinn. Ein Teil der Gelder sickert bis in den Amateurbereich runter, etwa durch Ausbildungsentschädigungen. Zudem subventioniert der DFB die kleinen Vereine.

Die Schere zwischen den großen Vereinen und den Teams aus unterklassigen Ligen wird dennoch immer größer. In Deutschland ist die Auswirkung der Kommerzialisierung im Fußball gut zu erkennen. Der FC Bayern München ist Serienmeister in der nationalen Meisterschaft. Wer bei Fußballwetten sein Einsatz auf den deutschen Rekordmeister setzt, hat meist gute Gewinnchancen. Wetten auf Sportereignisse verändern sich, wenn wenige große Vereine die Liga oder den Wettbewerb dominieren.

Folgen für den gesamten Sport
In Deutschland überstrahlt der Fußball alles. Die finanziellen Mittel der Vereine sind so umfangreich, da bleiben für andere Sportarten nur die berühmten Krümel auf dem Boden übrig. Egal ob Eishockey, Basketball oder Handball der Damen und Herren– die Präsenz dieser Sportarten ist im Fernsehen überschaubar. Selbst die Teams aus der 3. Bundesliga im Fußball stehen finanziell besser da als die Spitzenvereine aus den anderen Sportarten.
Das hat Folgen für die gesamte Sportwelt. Ungleich schwerer ist die Ausbildung von Talenten. Junge Menschen sehen größere Chancen im Fußball wie im Basketball. Sie spielen lieber in der drittklassigen Bundesliga, statt mit den erfolgreichen Telekom Baskets Bonn in den größten Basketball-Hallen Europas zu spielen.

Die Rolle der Fans
Die Strahlkraft des Fußballs hält alle anderen Sportarten klein. Es fehlt an Gegengewichten wie sie in den Vereinigten Staaten vorhanden sind. Dort teilen sich Basketball, Eishockey und Baseball die Aufmerksamkeit. Dauerhaft wird das auch Folgen für die deutschen Fans haben.

In einem voll auf Kommerz getrimmten System spielen Zuschauer eine kleine Rolle. Verkaufte Tickets tragen nur noch zu einem kleinen Teil zu den Einnahmen bei. Die Atmosphäre in den Stadien ist vor allem für die TV-Anstalten wichtig, immer weniger für die Vereine selbst. (PRM)
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