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Nachricht vom 16.04.2020
Kultur
Klara trotzt Corona, XV. Folge
Christiane Fuckert und Christoph Kloft, die Autoren der Limburg-Krimis schreiben täglich neue Episoden, mit denen Sie in dieser schweren Zeit am Alltag von Klara Schrupp und Pfarrer van Kerkhof teilhaben können. Mit der schrulligen Haushälterin und ihrem gutmütigen Chef, möchten sie damit Ihnen, unseren Leserinnen und Lesern etwas Trost, Unterhaltung und hin und wieder vielleicht sogar ein Lächeln schenken, wenn Sie sehen, wie Klara und van Kerkhof ihren Alltag bewältigen.
SymbolfotoKölbingen. Klara trotzt Corona, Folge 15 vom 16. April
Schon den ganzen Tag wunderte sich Pfarrer van Kerkhof über das Verhalten seiner Haushälterin. Klara war wortkarg und wirkte eigenartig reserviert. Sollte sie etwas auf dem Herzen haben, würde sie damit aber schon von selbst auf ihn zukommen, dafür kannte er sie mittlerweile so gut wie seine Jackentasche. So ging der Pfarrer nicht auf ihre Schmollmiene ein und lebte seinen Tag so normal wie auch sonst.

Als sich Klara jedoch am Abendbrottisch immer noch genauso verhalten zeigte, konnte er sich nicht mehr zurückhalten. „Meine Liebe, jetzt leben und arbeiten wir beide schon so viele Jahre zusammen, da entgeht es mir doch nicht, dass Sie etwas bedrückt. Wollen Sie mir nicht sagen, was in Ihrem Kopf vorgeht?“

Klaras Blick schoss ihm regelrecht entgegen. „Sie sagen es: Wir arbeiten zusammen! Davon merke ich heute aber gar nichts!“ „So?“ Dem Pfarrer ging plötzlich ein Licht auf, das schon den ganzen Tag über sachte flackerte und das er nicht hatte einordnen können. Doch jetzt war er sich sicher: „Sie sprechen auf meine zahlreichen Telefonate an, habe ich Recht?“

„Ach, da erkennen Sie wohl doch von selbst, dass Sie an mir vorbei arbeiten! Wie oft hat das heute geklingelt, das Telefon, und Sie haben gesprochen und zugehört. Und nicht ein einziges Mal, ich sage es noch mal: Nicht ein einziges Mal haben Sie mir erzählt, wer da dran war und was er wollte!“

„Sie haben mich nicht danach gefragt. Das tun Sie doch sonst immer. Und da dachte ich mir, wenn meine gute Klara nicht nachhakt, will sie es auch nicht wissen.“ Denn genau das war der Punkt, der ihn an diesem Tag doch sehr verwundert hatte – es gab eigentlich kein Telefonklingeln, das seine Haushälterin nicht über die Maßen interessierte.

„Sehen Sie?“, begehrte Klara erneut auf. „Das war nämlich ein Test! Immer muss ich fragen, wenn ich etwas wissen will. Und wenn ich nicht frage, sagen Sie von sich aus nichts. Gar nichts!“ Der Stimme nach war sie kurz vorm Weinen. Das wiederum wollte van Kerkhof auf keinen Fall zulassen. Freundlich sprach er zu ihr: „Da habe ich den Test wohl nicht bestanden, liebe Klara. Das tut mir leid. Im Grunde aber waren Sie selbst es, die diese vielen Telefonate, wie heißt es im Deutschen noch, ausgeleiert hat?“

Klara machte große Augen. „Sie meinen angeleiert? Wieso das denn? Was soll ich denn jetzt schon wieder angerichtet haben?“

„Etwas sehr Gutes und Wichtiges, Klara. Sie haben kürzlich angeregt, dass wir in dieser Krisenzeit noch einmal betonen sollten, dass diese Pfarrstelle jederzeit offen ist für seelsorgerische Anliegen. Noch am selben Tag hatte ich Ihren Vorschlag aufgegriffen und mit dem Pastoralteam beschlossen, dass wir in der Zeitung und im Blättchen nachdrücklich darauf hinweisen und unsere Telefonnummer zu diesem Zweck noch einmal bekanntgeben. Und da diese Bekanntgabe schon gestern ...“

„Die haben Sie mir aber nicht gezeigt! Woher soll ich denn alles von selbst riechen?! Genau das ist ja das Problem mit Ihnen, verschwiegen wie ein Grab. Es gäbe keinen Unterschied, wenn man Ihnen ein Pflaster auf den Mund kleben würde.“ Klara stampfte mit dem Griff ihres Messers auf den Tisch. „Und? Was waren denn das für Anrufe? War da nicht jemand dabei, den am besten ich beraten hätte?“ Herausfordernd sah sie nun ihren Chef an und wartete mit roten Wangen auf seine Antwort. Van Kerkhof schmunzelte in sich hinein und dachte fieberhaft nach, womit er seine gute Seele genau jetzt glücklich machen konnte. Und in der Tat fiel ihm ein Gespräch ein, das er mit vagen Gefühlen hatte beenden müssen.

„Doch, da gab es jemanden, Klara. Ein alter Herr, seit ein paar Monaten erst Witwer, hat mir erzählt, er fühle sich nicht gesund, ihm sei furchtbar kalt, er habe aber weder Fieber noch Husten und wisse nun nicht, was er machen und an wen er sich wenden solle. Die Einkäufe macht angeblich seine Tochter, die aber erst in drei Tagen wieder hier in Limburg ist.“

„Oh, der arme Mann. Und Sie haben ihm wahrscheinlich geraten, die Heizung mal höher zu drehen!“, folgerte Klara kopfschüttelnd. „Da täuschen Sie sich aber, Klara. Ich habe ihn einfach ermutigt, mir von seinem Schicksal, seiner Einsamkeit zu erzählen, und ihm angeboten, mich gleich morgen wieder anzurufen.“ „Aha. Und da war ihm dann auf einmal schon wieder wärmer“, sagte Klara in hörbar versöhnlicherem Tonfall.

Mit erhobenem Zeigefinger fügte van Kerkhof hinzu: „Das kann gut sein. Am Ende habe ich ihm geraten, eine Tasse heißen Tee zu trinken, sich in eine Decke zu wickeln und eine Wärmflasche auf seine Beine zu legen. Es war die Einsamkeit, liebe Klara, die ihn hat frösteln lassen, denn er hat erzählt wie eine Wasserfontäne.“

„Ein Wasserfall!“, korrigierte Klara, der anzusehen war, wie es in ihrem Kopf arbeitete. „War das einer hier aus Limburg?“ Und als van Kerkhof nickte: „Sogar aus unserer Ecke“, entschied Klara: „Der Mann sollte aber trotzdem vorbeugen. Haben Sie seine Adresse? Ja? Warten Sie, ich komme gleich wieder.“ Sie stand auf und verschwand in der Kellertür.

Gleich darauf duftete es in der Pfarrhausküche wie in einem Restaurant. „Machen Sie sich gar keine Hoffnungen, Herr Pfarrer. Das hier ist nicht für Sie. Aber Sie können den Mann gleich anrufen und ihm sagen, dass Sie ihm einen Topf mit heißer Hühnersuppe vor die Tür stellen. Selbstgekochte, mit Gemüse und Nudeln drin, die wird er garantiert noch von seiner Frau kennen. Ich lege ihm einen Zettel dazu. Die reicht für heute und für morgen.“ Mit Hingabe rührte Klara in ihrem Topf. „Hühnersuppe zieht die Erkältung aus dem Körper. Es ist doch immer gut, wenn man auf Vorrat kocht und einfriert.“

Der Pfarrer sah seiner Haushälterin eine Weile zu und ihm ging auf, wie sehr seine Klara es doch brauchte, etwas Gutes für andere Menschen zu tun.

Als er abends mit ihr vor dem Fernseher saß, wirkte sie so glücklich, wie er sie seit Tagen nicht mehr gesehen hatte. „Jetzt wird ihm warm sein“, sagte sie mitten in die Abendnachrichten hinein. „Und geschmeckt hat es ihm bestimmt auch!“ Dann warf sie ihrem Chef gegenüber einen erkennenden Blick zu. „Jetzt sagen Sie nicht, ich hätte Ihnen auch ruhig einen Teller übrig lassen können. Aber erstens ist Ihnen nicht kalt und zweitens sind Sie nicht einsam.“

„Ich sage ja gar nichts“, entgegnete der Pfarrer, dem immer noch der intensive Duft von Klaras Hühnersuppe in der Nase hing. Wirklich schade, dass er leer ausgegangen war. (www.christoph-kloft.de)

Bisher erschienene Fortsetzungen:
Klara trotzt Corona, XIV. Folge
Klara trotzt Corona, XIII. Folge
Klara trotzt Corona, XII. Folge
Klara trotzt Corona, XI. Folge
Klara trotzt Corona, X. Folge
Klara trotzt Corona, IX. Teil
Klara trotzt Corona, VIII. Teil
Klara trotzt Corona, VII. Teil
Klara trotzt Corona, VI. Teil
Die Limburger Pfarrhausermittler: Klara trotzt Corona, V. Teil
Die Limburger Pfarrhausermittler - Klara trotzt Corona, IV. Teil
Klara trotzt Corona, dritter Teil
Klara trotzt Corona, zweiter Teil
Klara Schrupp und Pfarrer van Kerkhof trotzen der Corona-Krise


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