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Nachricht vom 18.06.2020
Region
Das Betzdorfer Rainchen wird aufgehübscht und renaturiert
Es ist ein idyllisches Fleckchen mit Bachlauf und Teich. Aber es war auch an der Zeit, etwas zu tun. Nun wird die Rainanlage in Betzdorf umgestaltet. Über die aufwendigen Arbeiten wurde bei einem Ortstermin am Mittwoch (17. Juni) informiert: Aktuell laufen die Arbeiten im mittleren Abschnitt. Ein wesentlicher Aspekt ist bei der Gesamtmaßnahme und darüber hinaus bei der späteren Pflege das Ehrenamt. Im Vergleich zu den Kosten mache dieses Engagement 98 Prozent aus, unterstrich Stadtbürgermeister Benjamin Geldsetzer.
Blick auf den Bereich, der im vergangenen Jahr bereits gestaltet und renaturiert wurde. Foto: (tt)Betzdorf. Das Rainchen liegt nur wenige Gehminuten von der Fußgängerzone entfernt. Der Oehndorf-Bach plätschert munter durch die Rainanlage mit ihrem Bestand an alten Bäumen. Die mächtigen Eichen und die weiteren Baumriesen spenden Schatten. Eine Ruhepol im Grünen. Hier kann man die Seele baumeln lassen. Dafür hatten am Mittwochmorgen Edwin Christ, Gerd Lück und Rainer Buchen keine Zeit. Ihr ganzes Wirken konzentrierte sich darauf, die Arbeiten weiter voranzubringen. Denn der mittlere Teil der Anlage ist derzeit kein idyllisches Kleinod, sondern eine Baustelle. Im März war mit den Arbeiten begonnen worden, die sich dann coronabedingt verzögerten. Nun sollen die Arbeiten mit schwerem Gerät, das der Betzdorfer Bauhof im Einsatz hat, in der nächsten Woche abgeschlossen werden. Danach ist die Muskelkraft der Ehrenamtlichen gefordert.

„Das ist eine richtige Pampe“, meinte Edwin Christ vom Bauamt Betzdorf am Mittwochvormittag. Gerd Lück holte mit der Schaufel des Minibaggers Schlamm aus dem verbliebenen Wasser. Vom Bach angespültes Sediment und herabgefallenes und zersetztes Laub haben sich in dem aufgestauten Teil im Laufe der Zeit abgelagert. In den tiefsten Zonen der Teichanlage „bis zu eineinhalb Metern“ hoch, sagte Christ. Nachdem es etwas abgetrocknet war, war die Stärke immer noch bis zu 80 Zentimeter stark. Viel von der grauschwarze Masse wurde schon ausgebaggert, aber auch an diesem Vormittag musste noch Schlamm weg. Es sollten schwere Steine gesetzt werden. Unter deren Druck würde der Untergrund buchstäblich wegfließen, die Steine gleich in Schieflage kommen. Als solider Untergrund kam Schotter rein. Die gebrochene Grauwacke wurde auch als Zuwegung aufgeschüttet, damit der Bagger in die Teichanlage fahren und arbeiten kann.

25 Tonnen Schotter angekarrt
Nachdem der Untergrund im Teich mit Schotter hergerichtet war, konnte mit dem Greifer des Baggers Stein für Stein gesetzt werden. Viel Aufwand, aber es soll ja vernünftig und solide gemacht werden. Die Steinlinie wird künftig den Bereich Wasser und Sumpfzone trennen: Der ausgebaggerte Schlamm wurde nicht abtransportiert, sondern wird hier wiederverwendet. Löffelweise wurde mit dem Bagger das Material bis an die Hecke zur Straße hon flächig und in dicker Schicht verteilt. Später sollen hier Wasserpflanzen gedeihen. Auch der alte Teich – es ist der mit dem Springbrunnen aus Basaltsäulen – wurde flächig mit Schotter aufgefüllt. 25 Tonnen wurden für den Einbau angekarrt. „Später wird die Wassertiefe nur noch zwischen 20 und 30 Zentimetern liegen“, informierte Christ, der im Bauamt des Rathauses Betzdorf für Verkehrssicherung zuständig ist. Als Stichwort nannte er Kinder.

Die ersten Arbeiten für die Umgestaltung an der Rainanlage wurden bereits Ende 2017 von der Projektgruppe „Anlagenpflege in der Gemeinde“ der Ehrenamtsinitiative „Ich bin dabei“ begonnen. Die Idee, etwas an der Anlage zu machen reicht viel weiter zurück. Dem Vernehmen nach ging es um eine große Lösung, und beim Kostenrahmen um einen hohe sechsstellige Summe. Das habe man vor sich hergeschoben, so Geldsetzer. Schließlich sei gar nichts mehr passiert. Nun tue sich etwas, nicht zuletzt mit der von der rheinland-pfälzischen Landesregierung unterstützten Ehrenamtsinitiative „Ich bin dabei“.

Viel ehrenamtliches Engagement
Zwischenzeitlich gibt es in Betzdorf mehr als ein Dutzend Projektgruppen, unter anderem die für „Anlagenpflege in der Gemeinde“, die beim Pressetermin von Rainer Buchen vertreten war. Das halbe Dutzend Ehrenamtler hat sich mit dem Rainchen eine ordentliche Aufgabe vorgeknöpft. Ende 2017 fiel der Startschuss: Die ziemlich zugewachsenen Wege wurden frei geschnitten, erinnerte Buchen. Auf dem Arbeitsplan stand auch der Wegebau. Konkret ging es um das Begradigen mit dem Bagger und das Befestigen. Wirtschaftlich gesehen habe sich das gelohnt, betonte Christ, nachhaltig.

In den teils zwischen 150 und 220 Jahre alten Bäumen im Rainchen fällt Totholz an. Das muss herausgeschnitten werden. Baumkletterer mussten dafür bislang organisiert werden. Nun komme man mit Maschinen heran, skizzierte Christ, der in der Verwaltung für Verkehrssicherung zuständig und Baumbeauftragter ist. Der Wegebau mache somit wirtschaftlich wieder einiges wett, denn: „Immer wieder fällt Totholz an, das entfernt werden muss.“

Im Vorfeld von „Rainchen in Flammen“ im Vorjahr war dem Citymanagement im Rathaus Betzdorf der Gedanke gekommen, dass die Teichanlage in Schuss gebracht werden könnten. Man habe sich an Christ gewandt, berichtete Citymanagerin Janine Horczyk. Die Idee war es, mit einem „kleinen Budget“ etwas zu bewerkstelligen. 2019 wurde von der bereits im Rainchen aktiven Projektgruppe der obere Teil der Rainanlage, durch die der Oehndorf-Bach fließt, renaturiert. In diesem Bereich hat das Gewässer den Charakter eines Baches, der sich weiter unten etwas aufweitet. Danach speist der Bach die Teichanlagen, bevor das Wasser verrohrt in Richtung Heller abfließt. Im unteren Teil des ersten Abschnittes wurden schwere Steine quer gelegt, um eine kleine Anstauung zu schaffen. Es wurde das Gelände mit vor Ort angefallener Erde angeglichen und eingesät. Steine wurden für Amphibien auf der Fläche aufgeschüttet. In unmittelbarer Nähe zum Bachlauf können die Tiere somit einen Rückzugspunkt finden.


Naturnah gestalten
Im Bachlauf wurden Wasserstauden angepflanzt, Binsengräser und Schilf. Bei einem Sturm hatte es vor einiger Zeit auch einen alten Baum im Rainchen erwischt, von dem nur noch Stumpf mit Wurzelwerk übrig sind. Dieser wurde ausgegraben und auf die Wiese neben dem Bachlauf platziert, berichtete Buchen. Das wirkt gestalterisch, aber für Kinder dürfte es auch eine schöne Klettermöglichkeit sein. Man möchte es naturnah gestalten, sagte Buchen. An der Böschung zum Fußweg hin geben schwere Steine Halt, aber auch die Möglichkeit an das Gewässer zu kommen und sich zu setzen. Coronabedingt sei das Gras noch nicht gemäht, berichtete Buchen. Die abgelagert Erde soll noch vor Ort verteilt werden.

Viel Arbeit und viel ehrenamtliches Engagement haben alles schön werden lassen. Ungleich mehr an Arbeit ist erforderlich, um den mittleren Teil umzugestalten. Und auch hier geht es nicht allein mit Muskelkraft. Für den Bagger des Bauhofes sind die Massen an Schlamm, die 25 Tonnen Schotter und die zentnerschweren Grauwackesteine ein leichtes Spiel. Abgerissen wurde im Zuge der Arbeiten eine Betonbrücke, die oberhalb der Teichanlage den Bachverlauf querte und marode war. Die Idee, hier etwas zu machen, hatte Stadtbürgermeister Geldsetzer schon unterstützt, als im Frühjahr 2019 die Überlegungen anliefen, berichtete Christ. Das Stadtoberhaupt lenkte den Blick auf das Ehrenamt – und meinte: „Das wird in Betzdorf immer mehr an Bedeutung gewinnen.“ Buchen und seine fünf Mitstreiter in der Projektgruppe brächten Herzblut und Leidenschaft rein. Dennoch: „Lowbudget geht nicht ganz“, räumte Geldsetzer ein. Christ bringe sich mit ein, und der Bauhof werde hinzugezogen, wo schweres Gerät erforderlich sei. Das war vor dem Pressetermin vormittags noch eindrucksvoll zu sehen, als Bauhofmitarbeiter Gerd Lück Schlamm, Schotter und die Steinquader mit dem Bagger bewegte. „Die Summe ist minimal und vertretbar im Haushalt abgebildet“, sagte Geldsetzer mit Blick auf die Kosten bezeihungsweise den jährlichen Etatansatz: „Das wird ein Erfolgsprojekt, wenn es fertig ist.“ Das Ehrenamt habe einen Anteil von 98 Prozent, meinte das Stadtoberhaupt. „Wir kriegen es künftig nicht anders hin“, sagte Geldsetzer und entrichtete seinen Dank.

Projekt ehrenamtlich weiter betreut
Wenn die Arbeiten für die Umgestaltung erledigt sein werden, die untere Teichanlage kommt auch noch dran, wird das Projekt ehrenamtlich weiter betreut. Darum will sich dann die Projektgruppe „Anlagenpflege in der Gemeinde“ kümmern. Das beschränkt sich nicht auf die eigentliche Rainanlage, sondern auch auf den Wald, der zwischen der Rainstraße und der Rainuferstraße oberhalb der Bäume liegt. Das sind an die 20.000 Quadratmeter, bis an die Elly-Heuss-Knapp-Straße. Aber aktuell steht der mittlere Abschnitt im Fokus des Geschehens. Für die Arbeiten an und in der alten Teichanlage wäre es absolut hinderlich, wenn Wasser in dem Becken stehen würde. Es wurde deshalb ab dem bereits renaturierten Bereich ein Kunststoffrohr verlegt, mit dem das Wasser umgeleitet wird. Dieser Bypass wird unter dem ausgebaggerten Schlamm verschwinden, der die Basis für den Sumpfabschnitt darstellt.

Künftig kann das mit einem Deckel zu verschließende Rohr immer wieder leicht genutzt werden, zum Beispiel wenn herabgefallenes Laub aus dem leicht aufgestauten Bereich herausgeholt werden soll. Denn der mittlere Abschnitt wird auch künftig gestaut, aber eben nicht mehr mit der ursprünglichen Tiefe. Die Steine werden eng nebeneinander liegen und eine Barriere schaffen. Dahinter soll ein zweites Becken entstehen, ebenfalls mit der geringen Wassertiefe von maximal 30 Zentimetern. Die alte Beckenkante soll hierfür mit Naturstein verkleidet werden. Schwere Steine werden an dem mittleren Abschnitt an der Böschung zum Fußweg aufgeschichtet. Auch diese Steinquader werden terrassenförmig angeordnet, als Zugang und Sitzgelegenheit am Wasser.

Auch Erholungszweck für die Anwohner
Es ist im Werden. Davon konnte man sich am Mittwochnachmittag beim Ortstermin an der Baustelle überzeugen. Der Springbrunnen mit seinen Basaltsäulen steht auf einem Betonring. Dieser soll hinter Natursteinen verschwinden, berichtete Christ. Er informierte, dass die Maßnahme mit der Wasser- und Naturschutzbehörde abgestimmt sei. In dem Gewässer seien keine Lebewesen mehr zu finden gewesen, höchstens noch Mikroorganismen. Es soll im Rainchen ein schönes Biotop geschaffen werden. Aber es soll auch für die Anwohner etwas Erholungszweck haben, sagte Christ. Ein Teil des Geländers oberhalb des Brunnens soll ersatzlos demontiert werden. Der Springbrunnen könne beispielsweise bei Festen eingeschaltet werden, hieß es.

In der nächsten Woche sollen die Arbeiten mit schwerem Gerät abgeschlossen sein, blickte Christ auf die laufenden Arbeiten. Dann ist die Hauptarbeit des Ehrenamtes gefordert, und es muss noch viel Handarbeit geleistet werden. Voraussichtlich in diesem Sommer sollen die Arbeiten fertiggestellt werden, blickte Buchen nach vorne, der mit seinen Mitstreitern auch die weitere Pflege übernehmen wird: „Die Anlage ist nachhaltig angelegt, das Ehrenamt übernimmt die komplette Pflege.“

Im Herbst sollen einheimische Wasserpflanzen gesetzt werden, berichtete Christ. Wenn die Pflanzzeit ansteht und Einwohner entsprechende Pflanzen spenden möchten, so ist man jetzt schon dankbar dafür. In einem dritten Abschnitt soll später noch etwas an der unteren Teichanlage gemacht werden. Hier sollen sich die Arbeiten darauf konzentrieren, dass am Böschungsrand zum Fußweg schwere Steine gesetzt werden. Stadtbürgermeister Geldsetzer, der aus dem Wohngebiet Engelstein stammt, erinnerte sich bei dem Ortstermin, dass er einen Großteil seiner Kindheit im Rainchen verbracht habe. „Wasser zieht die Menschen magisch an“, sagte Geldsetzer, der sich überzeugt zeigte, dass der innerstädtische Park etwas Besonderes werden wird. (tt)
       
       
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