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Nachricht vom 07.11.2020 |
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Region |
Stabilität im Zukunftswald: Pflanzung klimaelastischer Baumarten |
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Mit viel Umsicht werden derzeit auf rund zwölf Hektar Trocknis-Fläche bei Katzenthal von der Hatzfeldt-Wildenburg´schen Forstverwaltung klimaelastische Baumarten gepflanzt. Dabei reichert man die Flächen mit Gehölzen an, die sich nicht selbst verjüngen und vermehren. Vom Mammutbaum bis zur Esskastanie kommen Bäume zum Einsatz, quasi als Experiment, um zu beobachten, wie sie dem Klimawandel standhalten. |
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Wissen/Schönstein. Die Waldbestände sind durch die Trockenheit der zurückliegenden Jahre und damit der stetig steigenden Verbreitung der Borkenkäfer und anderer Schädlinge extrem geschädigt. Für viele der Bäume kommt der Klimawandel zu schnell, um sich anzupassen. Sie leiden und sterben ab.
Was zurück bleibt, wenn die geschädigten oder bereits abgestorbenen Bäume gefällt und abgefahren sind, sind sogenannte Kalamitätsflächen oder Trockungsflächen. So auch auf dem rund zwölf Hektar großen Gebiet bei Katzenthal im Revier der Kohlschlade bei Wissen. Auf dem nach Westen ausgerichteten Plateau mit einem sanften Unterhang werden durch die Hatzfeldt-Wildenburg´sche Forstverwaltung derzeit rund 400 verschiedene alternative und nicht invasive Baumarten zu den bereits vorhandenen, sich selbst verjüngten Pflanzen, in „Handarbeit mit Passion“ aufgeforstet, wie Forstdirektor Dr. Franz Straubinger erläutert. Das Ganze mit dem Ziel einen stabilen, abwechslungsreichen Wald mit der biologischen Vielfalt mehrerer Baumarten mit verschiedenem Alter, Höhe und Stärke entstehen zu lassen.
Insgesamt werden in dieser Pflanz-Saison von Herbst bis zum beginnenden Frühjahr je nach Witterung im Revier der Kohlschlade bis zu 45.000 neue Bäume gepflanzt, was sich durchaus als sportliche Leistung bezeichnen lässt. Verantwortlich für die Pflanzungen, die eine „homöopathische“ Anreicherung der „Gastbaumarten“ im Zukunftswald darstellt, ist Forstwirtschaftsmeister Tobias Greb, der seine Ausbildung vor rund 26 Jahren bei der Hatzfeldt-Wildenburg´schen Forstverwaltung durchlief und heute u.a für die Betreuung der insgesamt sechs Auszubildenden verantwortlich ist. Ihm zur Seite stehen Teresa Hamburger, die derzeit das Pflichtpraktikum während ihres Forststudiums absolviert und Lukas Wirths, der vor drei Monaten mit seiner Ausbildung startete.
Klimaelastische Vielfalt im neuen Mischwald – Quasi ein Experiment
Das Anreichern mit den eigentlich gebietsfremden Bäumen zusätzlich zu den sich bereits selbst verjüngten Bäumen, stellt quasi ein Experiment dar, um im Klimawandel die Baumarten zu beobachten, die sich nicht selbst verjüngen. Denn, so Straubinger „Wir wissen nicht wie das Klima sich verändert, aber wir wissen, dass es sich verändert“. So soll ein vielfältiger und klimaelastischer neuer Mischwald entstehen, der auch die wirtschaftlichen Aspekte nicht außer Acht lässt.
Selbst verjüngt haben sich hier in den letzten Jahren u.a. die heimische Fichte, Lerche, Birken, Eichen und Vogelbeeren, von Hand „hinzugemischt“ wurden bereits vor etwa acht Jahren eine beachtliche Zahl an Weißtannen.
Erst der Regen der letzten Wochen macht es überhaupt möglich, die, wie Studien zeigen, klimaelastischen Baumarten jetzt für die Aufforstung hinzu zu pflanzen. Wäre die Situation mit den ausbleibenden Niederschlägen geblieben wie in den vorangegangenen Monaten, könnten die Arbeiten nicht stattfinden, so Tobias Greb, der mit seinem Team vorab geprüft hat, ob der Boden genug Feuchtigkeit aufgenommen hat, um die zarten Pflänzchen ausreichend zu versorgen. Rund 30-35 Zentimeter hat es bisher durchgewässert. Insgesamt lange noch nicht genug, aber für die Pflanzungen reicht es. Helfen würde auch ein Winter mit Schnee, damit das Schmelzwasser sanft und tiefer in den Boden eindringen könnte.
Mit verschiedenen Pflanzwerkzeugen ausgestattet, die nichts mit gewöhnlichen Gartengeräten zu tun haben, schreitet das Team zur Tat. Dabei sind der Nehheimer Pflanzspaten, die Rodener Pflanzhacke und ein Hohlspaten. Je nach Beschaffenheit kommen die Geräte zum Einsatz, um die zarten Wurzeln der vielen Setzlinge beim Einbringen in die Erde nicht zu schädigen. Dabei gilt auch: „Sehen - Denken - Handeln“, so Straubinger, denn es wollen optimale Standorte gefunden werden, die eine gute Entwicklung möglich machen, zum Beispiel im Verbund mit vorhandener Begleitvegetation, die u.a. für Windschutz und Beschattung sorgt, aber dennoch den nötigen Freiraum für Wachstum bietet.
Von Mammutbaum bis Rot-Eiche
Gepflanzt wird in diesen Tagen die Inlandsvariante des Mammutbaumes (Sequoiadendron gigantum). Den Zypressengewächsen zugehörig, ist der Mammutbaum an den Westhängen der Rocky Mountains beheimatet, wo er bis zu 90 Meter hoch werden kann. In Mitteleuropa rechnet man mit Wuchshöhen von 40 bis 50 Metern. Der Mammutbaum gilt im Klimawandel als Waldspezialist, genauso wie die zum Einsatz kommende Tuja plicata. Sie gehört in die Familie der Lebensbäume. Die Tuja plicata ist jedoch nicht mit den Garten-Lebensbäumen vergleichbar, denn auch sie kann eine Höhe von bis zu 60 Metern erreichen. Als hervorragender Baum für Mischkulturen trägt sie als Spezialist für schattige Bereiche zu einem vielseitigen und vor allem robusten Wald bei. Forstversuche zeigen, dass sich die Tuja bei uns wohl fühlt, sich einfügt ohne andere Gehölze zu verdrängen und kaum von Schädlingen befallen wird.
Die schon seit längerer Zeit immer wieder zum Aufforsten genutzte Esskastanie, die ihren Ursprung im Mittelmeerraum findet, kommt ebenfalls auf der Fläche bei Katzenthal zum Einsatz. Sie hat ein hohes Potential im Klimawandel genauso wie die Rot-Eiche (Quercus rubra), die als widerstandsfähiger und sturmfester Baum, zudem in Deutschland als nicht invasiv - andere Arten verdrängend - eingestuft wird. Die Rot-Eiche bietet, genau die anderen Baumarten im forstwirtschaftlichen Bereich, vielfältige Verwendungsmöglichkeiten und ist vor allem im Herbst mit ihrem rot leuchtenden Blattwerk eine Augenweide. Ihre Heimat ist u.a. im östlichen Teil Nordamerikas, dort in den südlichen Appalachen zu finden. Schon Humboldt brachte die Baumart mit nach Europa. Auch die Große Küstentanne (Abies Grandis), von der wir erst kürzlich berichteten, wird über kurz oder lang auch hier gepflanzt werden.
Schutz der Setzlinge
Normalerweise liegt der als „normal einzuschätzende Verlust bei Neupflanzungen bei etwa 10-15 Prozent“, weiß Dr. Franz Straubinger. Durch die Trockenheit der letzten Jahre müssen die Forstleute allerdings mit rund 20-30 Prozent rechnen. Zu den klimatischen Bedingungen kommt das häufig auftretende Problem von Verbiss durch Wild (u.a. Rehe, Schwarzwild, Hasen) an den Jungwüchsen hinzu. Hierdurch wird das Wachstum nachhaltig stört und kann im schlimmsten Fall zum Absterben der Jungpflanzen führen. Durch den eigenen Jagdbetrieb, der auf die waldbauliche und ökologische Notwendigkeit einer zukunftsorientierten Waldentwicklung ausgerichtet ist, wird dem in den Hatzfeldt-Wildenburg´schen Forsten vorgebeugt. (KathaBe)
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Nachricht vom 07.11.2020 |
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