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Nachricht vom 13.11.2020
Region
BI Hümmerich im Gespräch mit Wissens Bürgermeister Neuhoff
Bürgermeister Berno Neuhoff sieht für die Stadt und Verbandsgemeinde Wissen wenig Entscheidungsspielraum im Zusammenhang mit dem Genehmigungsverfahren für Windräder auf dem Hümmerich zwischen Mittelhof und Gebhardshain. Dies sagte er im Rahmen eines informellen Austauschs der Verwaltung mit Mitgliedern der BI. Die jedoch sieht das etwas anders.
Austausch auf Distanz – die BI Hümmerich informierte sich in Wissen über die Rolle von Stadt und Verbandsgemeinde im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für die geplanten Windräder. V.l.: Hermi Schmidt, Dr. Toni Leyendecker, Berno Neuhoff, Dieter Glöckner und Uwe Weger. (Foto: BI Hümmerich)Wissen. Die BI hatte um das Gespräch gebeten, um Informationen zum aktuellen Stand des Genehmigungsverfahrens und insbesondere zur Rolle der Stadt und der Verbandsgemeinde Wissen dabei zu erhalten. Welche Möglichkeiten hat Wissen, die Natur und Landschaft rund um den Hümmerich zu schützen? Und was kann die BI tun, um im Rahmen der Entscheidungsfindung ihre Interessen noch besser zu vertreten?

Aufgrund der aktuellen energiepolitischen Lage sei zu befürchten, so der Mittelhofer Dr. Toni Leyendecker, dass es immer schwerer werde, die riesigen Windräder zu verhindern. Was riesig in diesem Zusammenhang bedeutet, zeigte BI-Mitglied Hermi Schmidt aus Steckenstein anhand von Größenvergleichen auf: Die Mittelhofer Kirche steht auf etwa 260 Meter Höhe. Der nur etwas mehr als einen Kilometer entfernte Hümmerich misst knapp 400 Meter. Darauf über 220 Meter hohe Windräder zu errichten, die noch bis Wallmeroth und Betzdorf sichtbar wären, hieße, den ganzen Ort mit Schattenwurf der Rotoren zu bedecken: „Es entsteht eine beängstigende, erdrückende Wirkung. Damit wäre der Luftkur- und Ferienort Mittelhof nicht mehr das, was es war, und die Verbandsgemeinde verlöre erheblich an Attraktivität.“

Hümmerich nach Prüfung anderer Standorte übriggeblieben
Was die betrifft, habe man, aufgrund der bei der Kreisverwaltung eingereichten Bauanträge, die Flächennutzungsplanung nicht weiterverfolgt, um die Genehmigungsfähigkeit der Windkraftanlagen, insbesondere hinsichtlich des Artenschutzes erst einmal abzuwarten, so Berno Neuhoff, der das Amt des VG-Bürgermeisters erst im Juli übernommen hat. Kerstin Roßbach vom Fachbereich Bauen und Umwelt der VG-Verwaltung machte deutlich, dass sie die Teilflächennutzungsplanung als den „weiterhin richtigen Weg“ betrachte, in den schon erheblich Geld geflossen sei. Nach Prüfung anderer Standorte sei der Hümmerich, der zwar innerhalb des Landschaftsschutzgebietes „Elbergrund, Elbbachtal und Sieghöhen bei Durwittgen“ liege, übrig geblieben. Seitens der Kreisverwaltung Altenkirchen wurde eine Genehmigung von Windkraftanlagen in Aussicht gestellt, da das Landschaftsschutzgebiet durch die vorhandene Starkstromtrasse bereits deutlich vorbelastet sei, nach dem Motto: „Wo schon was ist, kann noch was anderes hin.”

Die Stadt sei bisher lediglich im Juli von der Kreisverwaltung angeschrieben worden, um die eingereichten Bauunterlagen aus ihrer Sicht auf Vollständigkeit zu überprüfen. Ansonsten sei sie beim Genehmigungsverfahren in wesentlichen Teilen „außen vor“. Das Verfahren sehe vor, dass mit der Stadt im eigentlichen Bauantrag „Einvernehmen“ erzielt werden müsse, dabei sei aber praktisch der Entscheidungsspielraum nur für die Belange zu sehen, welche im Rahmen der Erteilung des Einvernehmens zu prüfen sind. Die von der BI angesprochenen Stellungnahmen hinsichtlich des Natur- und Landschaftsschutzes seien durch die Fachabteilungen der Kreisverwaltung Altenkirchen zu erstellen, so die Verbandsgemeindeverwaltung in der Meldung.

Friesenhagen macht es vor
Einem „geringen Entscheidungsspielraum“ der Stadt widersprach Hermi Schmidt mit dem Verweis auf die Ortsgemeinde Friesenhagen. Die hatte im vergangenen Jahr das gemeindliche Einvernehmen zu einem beantragten Vorhaben, sieben Windenergieanlagen zu errichten, versagt. Damit hat sie wesentlich dazu beigetragen, dass sie nicht gebaut wurden. Hermi Schmidt überreichte Berno Neuhoff die rechtliche Begründung der Gemeinde Friesenhagen, die ausdrücklich auch auf Rechtsverstößen gegen Natur- und Landschaftsschutz fußt – Themen, die Neuhoff ausschließlich in der Entscheidungshoheit der Kreisverwaltung angesiedelt sieht.

Ob und inwieweit sich die Parteien im Stadtrat schon zu den Windrädern positioniert hätten, konnte und wollte Neuhoff nicht kommentieren. Die Ratsmitglieder seien jedenfalls sensibilisiert. Ob das ausreicht, bezweifelte Hermi Schmidt: Für die meisten Ratsmitglieder sei der Hümmerich viele Kilometer entfernt. Da fehle der persönliche Bezug. Hätte noch der in Wissen eingemeindete Elbergrund das Entscheidungsrecht, wäre klar, dass ihr Urteil gegen die Anlagen ausfalle.

Berno Neuhoff bekräftigte mehrfach, dass es sich um ein sachlich-fachliches Verfahren handele, und er riet der BI, ihre Argumente in der anstehenden Bürgerbeteiligung einzubringen. Eventuelle Steuereinnahmen der (derzeit auf strengem Sparkurs fahrenden) Stadt seien jedenfalls kein Entscheidungskriterium. (PM)
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