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Nachricht vom 17.11.2020
Wirtschaft
„Den Tränen nah“ – So sehr leiden unsere Gastronomen in der Corona-Krise
Diese Aussagen geben wenig Grund zur Hoffnung für die Perspektiven der Gastronomie während der Corona-Krise. Die IHK-Geschäftsstelle hatte Betreiber von vier heimischen Restaurants und Hotels eingeladen. Ihre Zustandsbeschreibungen sollen auch Mahnung für die politischen Entscheider sein.
Düstere Einsichten in die Lage der Gastronomie in Corona-Zeiten: Sven Loosen („Breidenbacher Hof“), Jürgen Deneu („Im Heisterholz“), Oliver Rohrbach (IHK), Christian Dübner (IHK), Marc Peter („Struthof“) und Doro Baldus („Hüttenschenke“). Foto: ddp Betzdorf/Kreisgebiet. „Uns wurde alles genommen.“ Oder: „Die Schlinge zieht sich zu.“ Nach dieser Runde, zu der die regionale Industrie- und Handelskammer (IHK) in den Breidenbacher Hof eingeladen hatte, konnte man nur zu einem Schluss kommen: Wer von Corona-bedingten Herausforderungen für die Gastronomiebranche spricht, untertreibt.

Ironischerweise fand zeitgleich ein neuer Corona-Gipfel der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten statt, der vor allem Verschleppungen hervorbrachte. Dabei fordern die von der IHK eingeladenen Gastronomen genau das: klare Ansagen von der Politik mit längerfristiger Perspektive.

Bedeutung der Gastronomie für Wirtschaft oft unterschätzt

Nach vielen Monaten Corona-Krise, inklusive Lockdowns, ist für Marc Peter vom Betzdorfer Restaurant „Struthof“ klar: „Die langfristigen Schäden sind massiv.“ Die Akzeptanz von nicht nachvollziehbaren Corona-Maßnahmen sänken rapide in seiner Branche. Und gerade die Bedeutung dieses Wirtschaftsbereichs scheint in der Öffentlichkeit oft unterschätzt zu werden.

Laut dem Referenten für Tourismuswirtschaft bei der IHK-Koblenz, Christian Dübner, arbeiteten alleine in der Gastronomie 150.000 Rheinland-Pfälzer, die einen Jahresumsatz von 7,4 Milliarden Euro erwirtschafteten. Diese Arbeitsplätze könnten nicht exportiert werden. Besonders für den ländlichen Raum sei die Branche wichtig. IHK-Regionalgeschäftsführer Oliver Rohrbach erinnerte vor diesem Hintergrund an das „zarte Pflänzchen Tourismus“ im Kreis Altenkirchen.

Die Entwicklung berge ein großes Potential für die Region – auch mit Blick auf den Tagestourismus, wie Jürgen Denau vom Hotel -Restaurant „Im Heisterholz“ aufgrund eigener Erfahrungswerte veranschaulichte. Damit sich diese Stärke entfalten kann, braucht es Gastronomie-Betriebe. „Wenn sie bis dahin durchhalten“, ergänzt Peter vom „Struthof“.

Düstere Aussichten und Sorgen um Mitarbeiter

Der jetzige Lockdown stelle seine Branche vor Herausforderungen, die „endlich sein könnten“, ist Peters düsterer Ausblick. „Man ist den Tränen nahe.“
Doro Baldus beschreibt die Situation für ihren Wehbacher Familienbetrieb „Hüttenschenke“ als sehr belastend. Sie sieht ihre Gaststätte als systemrelevant an. Sorgen macht sich Baldus um die oft festangestellten Mitarbeiter, darunter auch Teilzeitkräfte. Sie hielt man in Lohn und Brot. Im ersten Lockdown seien sie auf 30 bis 40 Prozent Kurzarbeit gewesen, jetzt auf 100 Prozent. Die Mitarbeiter trügen die Bekämpfungsmaßnahmen zwar mit, auch wenn dies „sehr bitter“ sei.

160 Restaurant-Plätze blieben momentan leer, ebenso der große Eventsaal oder die Betten der Gästezimmer und auf der Kegelbahn rollt keine Kugel. Für das Weihnachtsgeschäft sieht Baldus stellvertretend für die anderen Teilnehmer der IHK-Runde, „keinen Funken Hoffnung“. Die großen Weihnachtsfeiern seien bereits abgesagt. Selbst wenn Gäste bis dahin wieder bedient werden dürften, handele es sich nur um Pseudo-Öffnungen mit geringem finanziellem Nutzen.

Eine ähnliche die Prognose gibt Sven Loosen, der Inhaber und Geschäftsführer vom „Breidenbacher Hof“. Und Jürgen Deneu hortet momentan 500 Gänsekeulen in der Gefriertruhe, die wahrscheinlich nie von seinen Gästen verspeist werden.

Nachwuchsprobleme verschärfen sich

Schließlich erwarten die anwesenden Branchenvertreter für Dezember von staatlicher Seite eine weitere Reduzierung der erlaubten Gäste – sollten sie nach November überhaupt wieder öffnen dürfen. Hinzu komme die Angst vieler Senioren vor der Ansteckungsgefahr in Restaurants und Kneipen. Dabei hätte doch gerade seine Branche viel Geld und Mühe in die Umsetzung entsprechender Schutzmaßnahmen investiert, erklärt Marc Peter. Es sei gefährlicher, sich als Gast an einem der Hygienespender zu verletzen, als sich im Restaurant anzustecken.

Schon vor der Pandemie litt die Branche unter Fachkräftemangel. Die Krise scheint diese Entwicklung zu beschleunigen. Unter seinen Mitarbeitern stellt Loosen Unsicherheit fest. Manche hielten bereits Ausschau nach Job-Alternativen. „Die Schlinge zieht sich zu“, so der Betzdorfer Gastronom. Berufswunsch Gastronom? „Geh lieber zur Müllabführ – da kriegste wenigstens richtiges Geld“, würde Jürgen Deneu vom Hotel -Restaurant „Im Heisterholz“ raten.

So verwundert es nicht, wenn sich die Gastronomen als Bauernopfer betrachten, die mit Füßen getreten würden. (Daniel-D. Pirker)
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