AK-Kurier
Ihre Internetzeitung für den Kreis Altenkirchen
Nachricht vom 07.12.2020
Region
Adventskalender – Teil 7: Elster
24 kurze Krimis im Postkartenformat begleiten uns in diesem Jahr durch den Advent. Die Idee dazu hatte die Literatur-Werkstatt in Altenkirchen, die sich jüngst mit „Postkarten-Krimis“ beschäftigte. Das Ergebnis: 24 spannende und vielfältige Mini-Krimis, die das Warten auf Weihnachten verkürzen
Mein Fahrrad ist weg. Gestohlen. Der Anrufer nennt sich Elster und fordert 500€, angeblich ein Superschnäppchen. Ansonsten werde er mein Rad mit seinem ebenfalls gestohlenen Auto überfahren. Das klingt interessant, denn auch mein Auto wurde kürzlich gestohlen. Was es für ein Auto sei, frage ich. Das sei, antwortet die Elster, ein klappriger gelber VW Polo mit gleich drei Wunderbäumen am Innenspiegel. Deswegen habe er sich während der Fahrten in dieser Karre mehrmals übergeben müssen. Gegen den beißenden Geruch im Wageninneren seien nun selbst die Wunderbäume wirkungslos. Er lacht laut. So ein Lump! Mein, wenn auch altes Auto, hat er also ebenfalls gestohlen. Ich sage ihm, sein bzw. mein Auto könne er behalten. Da legt er auf. Kurz darauf kommen zwei Polizisten und befragen mich zu einem Banküberfall. Mein Polo war der Fluchtwagen. Der steht jetzt ausgebrannt auf einem Feldweg. Mein 54-PS-Bolide als Fluchtwagen? Ich muss lachen. Was hat sich Elster da geleistet? In Zukunft wird er sich vieles leisten können, denn bei dem Überfall hat er 222 Millionen Cent erbeutet. Die misstrauischen Polizisten lassen sich vom Diebstahl meiner Fahrzeuge überzeugen. Am Abend ruft Elster wieder an und diktiert die Übergabe. Ich stimme allem zu, will ich doch wenigstens mein Fahrrad zurückhaben. Nachts werfe ich das Geld in den Mülleimer vor der alten Hafenspelunke. Dort finde ich einen Zettel, auf dem steht, dass mein Fahrrad wieder zuhause sei. Ich frage mich kurz, wozu der dreiste Dieb 500 Euro braucht, wenn er doch 222 Millionen Cent erbeutet hat, und gehe wieder nach Hause, wo tatsächlich mein Fahrrad steht. Was aus Elster werden wird, weiß ich nicht. Als Gärtner weiß ich aber, wie Eisenhut wirkt, mit dem ich die Geldscheine präpariert habe. Eisenhut ist sehr viel giftiger als ein Wunderbaum.

© Marko Rörig

Alle bisher erschienenen Teile unseres Adventskalenders lesen Sie HIER.


Nachricht vom 07.12.2020 www.ak-kurier.de