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Nachricht vom 11.12.2020
Region
Breitbandausbau „Graue Flecken“: Wissen stimmt als erste VG im Kreis zu
In der kürzlich stattgefunden Sitzung des Wissener Verbandsgemeinderates stand das Thema der Breitbandinitiative des Landkreises Altenkirchen auf der Agenda. Lars Kober, der Leiter der Wirtschaftsförderung, stellte dabei das neue Förderprogramm „Graue Flecken“ vor. Wissen stimmt dem neuen Kreisprojekt als erste Verbandsgemeinde im Kreis zu. Auch wenn das Hochgeschwindigkeitsnetz für alle teuer ist, stellt es einen Zukunftsweg für Wohnen, Gewerbe und Heimarbeit im ländlichen Raum dar.
Das Projekt „Graue Flecken“ soll für Hochgeschwindigkeiten im Internet für alle sorgen. Der Wissener Verbandsgemeinderat stimmte dem Kreisprojekt als erste Verbandsgemeinde im Kreis zu.  (Symbolbild: Pixabay)Wisserland/Altenkirchen. Anfang Dezember tagte der Verbandsgemeinderat in Wissen. Nach eingehender Beratung des durchaus komplexen Themas der weiteren strategischen Ausrichtung zur Breitbandinitiative gab der Wissener Rat seine „Willenserklärung“ zur Teilnahme für das von Bund und Europäischer Union per „Kehrtwende“ nun doch aufgelegte Förderprogramm „Graue Flecken“ ab.

Dieses Programm stellt gerade für ländliche Regionen ein enormes Potential dar, um in einer immer mehr digitalisierten Welt den Anschluss an die Zukunft nicht zu verlieren und schnellstmöglich flächendeckend mit rasend schnellen Internet-Anschlüssen mittels Glasfaser versorgt zu sein. Dies wird maßgeblich dazu beitragen die Attraktivität des ländlichen Raums zu steigern. Als Stichwort kann hier beispielsweise das Wort „Home-Office“ genannt werden.

Dazu führte der AK-Kurier ein Konferenz-Gespräch mit Wissens Bürgermeister Berno Neuhoff, Lars Kober (Leiter Wirtschaftsförderung des Kreises) und Frank Quast (Koordinator für den Breitbandausbau VGV Wissen), die die Einzelheiten zum Projekt „Graue Flecken“ darlegten.

Rückblick - Aktueller Stand - Förderprogramm „Graue Flecken“ Glasfaser für alle
Im Sommer 2017 begann der FTTC-Ausbau (Glasfaserkabel bis zu den Grauen Kästen – den sogenannten Multifunktionsgehäusen der Netzbetreiber). Bis Ende 2019 konnte damit bereits die Breitbandsituation im Kreis massiv verbessert werden. Im zweiten Schritt wurde im Sommer 2019 mit dem Ausbau der Schulen begonnen. In der Verbandsgemeinde Wissen wurden so insgesamt sechs Schulen bis in den Keller durchgängig mit Glasfaser versorgt. Die Verteilung der hohen Bandbreite von bis zu 1000 Megabit/s innerhalb der Gebäude wird derzeit über den „Digitalpakt Schule“ von den Schulträgern erarbeitet, bzw. ist teilweise schon aufgenommen.

Die ursprüngliche Planung sah nun im dritten Schritt die Umsetzung des Förderprogramms Gewerbegebiete vor, womit innerhalb der kommenden drei Jahre der FTTH-Ausbau (Glasfaser bis in die Unternehmensgebäude) lediglich für Gewerbegebiete vorgesehen wäre. Durch massive Vorarbeit der Wirtschaftsförderung des Kreis Altenkirchen liegen Förderbescheide vor und grundsätzlich könnte hier mit der Ausschreibung der Leistungen begonnen werden.

Politische Kehrtwende: Internet in Hochgeschwindigkeit für alle
Durch die quasi politische Kehrtwende seit Herbst seitens der EU und des Bundes, soll nach vorheriger Ablehnung von Seiten der EU nun doch zum ersten Halbjahr 2021 das Förderprogramm „Graue Flecken“ aufgelegt werden. Damit wird ermöglicht, ALLE unterversorgten Anschlüsse – also auch private Anschlüsse und Unternehmen, auch die, die außerhalb von Gewerbegebieten ansässig sind – mit dem Fibre To The Home (FTTH)-Ausbau und damit mit Turbo-Internet zu versorgen. Dies wäre im Förderprogramm der reinen Gewerbegebiete nicht möglich.

Unterteilt in zwei Stufen, sieht das Programm zuerst (ab 2021) die Versorgung von Anschlüssen mit Glasfaser vor, die derzeit Daten mit weniger als 100 Megabit/s runter laden können. Im nächsten Anlauf folgen 2023 dann die Anschlüsse, die weniger als 200 Megabit/s im Down- als auch im Upload haben.

Grundsätzlich nicht förderfähig sind Netze mit Kabel-TV, hier sind bereits hohe Übertragungsgeschwindigkeiten gegeben. Somit werden diese Bereiche vom Bund als bereits versorgt eingestuft. Dies betrifft in der VG Wissen u.a. die Bereiche Alserberg, Altbel und auch Teile der Kernstadt Wissen. Im Hinblick auf eine gewisse Ungleichbehandlung wird die Wirtschaftsförderung des Kreises nochmals auf Bundes- und Landesebene appellieren. Darüber hinaus stehen Überlegungen im Raum, „Sonderaktionen“ in Einbezug der Kabelnetzbetreiber zu starten.

Verbandsgemeinde Wissen entscheidet sich für das „Graue Flecken“-Programm
Für den Kreis und auch die Verbandsgemeinden steht somit die Entscheidung an, sich entweder für die Fortführung des Sonderförderprogramm Gewerbegebiete auszusprechen oder für das Aussetzen dessen und stattdessen vom neuen Förderprogramm „Graue Flecken“ zu profitieren. Lars Kober (Leiter der Wirtschaftsförderung) bezeichnet das Projekt Breitband insgesamt als „das größte Infrastrukturprokjekt der letzten Jahrzehnte“. Und auch wenn es ein insgesamt finanzieller Kraftakt für Bund, Länder und Kommunen bedeutet und auch zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht alle Rahmenbedingungen des „Graue Flecken“-Programms ausgearbeitet sind, überwiegen die Vorteile für die Allgemeinheit.

An der Stelle dürfe allein die Attraktivitätssteigerung des ländlichen Raumes nicht vergessen werden, so Kober. Um für die Zukunft den Anschluss nicht zu verlieren, wird mit dem Förderprogramm ein flächendeckendes Hochgeschwindigkeits-Netz in den kommenden Jahren auch für private Haushalte möglich.

Auch Bürgermeister Berno Neuhoff hält die Hinwendung zum neuen Programm für „alternativlos“ um im Wettbewerb u.a. der Schulen, der Wirtschaft, der Tele-Medizin und auch im Home-Office-Bereich im Hinblick auf eine gut ausgestattete Infrastruktur für die Zukunft im ländlichen Bereich gut vorbereitet zu sein und mithalten zu können. Aktuell zeige die Corona-Pandemie, wie wichtig gerade in diesen Zeiten das Turbo-Internet für alle sei, sowohl im privaten als auch im wirtschaftlichen Bereich. Es sei eine Sicherung des Wohnortes, das zudem im Hinblick auf geplante Neubaugebiete in der Verbandsgemeinde.

Auch in einer Kernkonferenz aller Bürgermeister der Verbandsgemeinden mit dem Landrat sei die allgemeine Meinung, man erreiche mehr Menschen und Anschlüsse mit dem neuen Programm, die profitieren, so Neuhoff.

So entschied der Verbandsgemeinderat in der Sitzung Anfang Dezember sich als erst Verbandsgemeinde im Kreis für das neue Förderprogramm „Graue Flecken“ auszusprechen und damit der Empfehlung der Wirtschaftsförderung des Kreises zu folgen und das Programm allein für die Gewerbegebiete „ruhen zu lassen“ – wenn auch noch nicht alle Rahmenbedingungen vom Bund festgelegt sind und die VG Wissen sich damit als erste Verbandsgemeinde im Kreis dafür aussprach.

Insgesamt, so Neuhoff und auch Kober, sei mit dem neuen Programm bei bundesweit rund 12 Millionen unterversorgten Haushalten eine riesengroße Antragsflut für das neue Förderprogramm zu erwarten. Mit schnellen Entscheidungen aller Gremien im Kreis will man sich den Bonus verschaffen, sich vor die große Welle der Anträge zu setzen, quasi „der Welle voraus zu schwimmen“, um so schnellst möglich zum Zuge zu kommen. Sowohl in der Zusage der Fördergelder, als auch im weiteren Verlauf der Umsetzung, wo Engpässe allein im erforderlichen Tiefbau zu erwarten seien.

Ein Wermutstropfen bleibt vorerst: Ob mit dieser Maßnahme letztendlich alle Anschlüsse einbezogen werden können, um vom schnellen Glasfaser-Internet zu profitieren, bleibt offen. Denn bisher konnten Ortschaften, Weiler, Gehöfte und andere Gebäude die entlegen von kleineren Orten und Städten liegen oftmals keine Anbindung an die schon bisherigen Möglichkeiten erfahren. Hierbei, erläutert Frank Quast (Koordinator für den Breitbandausbau VGV Wissen), lägen die Ursachen häufig daran, dass die Telekommunikationsunternehmen bundesweit kaum bis gar keine anwendbaren Angebote abgäben, weil sich der Anschluss dieser Bereiche als nicht wirtschaftlich darstelle.
Daher, so Quast, stellten die Telekommunikationsunternehmen dies oft so dar, dass die Kommunen ausschließlich für den Breitbandausbau zuständig seien, was so nicht stimme. Doch man wird nach Lösungen und Möglichkeiten suchen, die Geduld brauchen, um für die Zukunft eine Gleichbehandlung zu ermöglichen.

90 Prozent Förderung von Bund und Land
Bei rund 40.000 Gebäuden, die über das Programm „Graue Flecken“ versorgt werden sollen, weisen erste Kosten-Kalkulationen für das gesamte Kreisgebiet rund 214 Millionen auf (5.300 Euro pro Anschluss). In der Finanzierung sollen 50 Prozent vom Bund und 40 Prozent vom Land als Fördergelder fließen. Der kommunale Eigenanteil der Maßnahme wird damit bei 10 Prozent der Kosten liegen.

Für die Verbandsgemeinde Wissen, die hoch verschuldet ist, bedeutet der Glasfaserausbau einen besonderen finanziellen Kraftakt und bedarf der Genehmigung der Kommunalaufsicht beim Kreis. Im Gegenzug erhält die gesamte Region jedoch eine Infrastruktur mit einem immensen Gegenwert, wobei dies nur funktioniere, so Neuhoff, wenn alle Verbandsgemeinden im Kreis mitmachen, damit die hohen Fördermittel fließen können. „Es gilt jetzt, wie seinerzeit schon beim FTTC-Ausbau, die ‚Nase vorn‘ im Land und Bund zu haben, wenn es um die Fördermittel geht“, erläutert Neuhoff. Er hofft, dass trotz der hohen finanziellen Anforderungen alle Verbandgemeinden und der Kreis wieder an einem Strang ziehen, denn nur gemeinsam sei man bei dieser Aufgabe von „nationaler Bedeutung“ als ländliche Region stark. (KathaBe)
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