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Nachricht vom 11.02.2021 |
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Region |
Eisregen und Frost: Der Wald hat gute Schutzmechanismen |
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Am Wochenende vom 6. und 7. Februar gab es in der Region starken Eisregen, der den Verkehr teils lahm legte. Aber was macht die Wettersituation mit der Vegetation und dem ohnehin durch die klimatische Veränderung stark gebeutelten Wald? Doch hier gibt es Entwarnung, denn auch starker Frost ist grundsätzlich kein Problem. Die Evolution hat Strategien entwickelt, um Pflanzen und Bäume schützen. |
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Region. Wer sich in den vergangenen Tagen, nachdem am Wochenende des 6. und 7. Februar ein starker Temperaturabfall verbunden mit Eisregen über die Region hinweg zog, in der Nähe von Bäumen und Sträuchern aufhielt, konnte einem geheimnisvollen Knacken und Knistern lauschen. Doch so „spooky“ (gruselig) und geheimnisvoll es sich auch anhört, die Erklärung ist relativ einfach, erläutert Matthias Grohs in einem Gespräch zum Thema. Der Ortsbürgermeister von Selbach, gleichzeitig Revierförster, seit Ende 2020 mit seinem ersten eigenen Forstrevier in Daaden, brennt für eine ökologischen Waldwirtschaft und die Haubergstradition seines Heimatortes.
Hervorgerufen durch den Eisregen hat sich ein Eispanzer um Äste und Stämme gelegt, der dabei sogar einen schönen ästhetischen Reiz setzt. Im Wind wiegen die Bäume hin und her und dabei zerspringt der Eispanzer, erklärt der Fachmann.
Grundsätzlich, so Grohs weiter, stelle die Eiseskälte und starker Frost, wie wir ihn derzeit erleben, kein Problem für Waldbäume und Waldvegetation dar. Hat doch die Evolution Strategien und Schutzmechanismen bei den Pflanzen hervorgebracht, die sie gut vor Minustemperaturen schützen. So stellen sie die Fotosynthese ein (u.a. Laubfall und Einstellen der Wasserversorgung) und schützen ihre Knospen durch harzhaltige Schuppen. Zudem schützt die Rinde, wie ein Mantel, das eigentliche Holz.
Sollte es jedoch zu länger anhaltenden Minusgraden mit 10 Grad und mehr kommen, können sogenannte radial verlaufende Frostrisse im Holz entstehen. Passiert dies, ist das kaum überhörbar, denn ein lauter dumpfer Knall schallt durch den Wald. Hintergrund des Auftretens von Frostrissen ist die hohe Temperaturschwankung vom Stamminneren nach außen. Hier hilft sich der Baum in der Regel selbst und überwallt die Wunde indem er neues Holz wulstartig über die Wundstellen schiebt, um es einfach zu erklären. Was bleibt sind erkennbare Narben, die sogenannten Frostleisten.
Jedoch kann ein Waldaufenthalt im Moment dennoch nicht ganz ungefährlich sein. Durch die Trockenheit der vergangenen Jahre insgesamt geschwächt und nun mit zusätzlichem Gewicht von Eis belastet, kann es derzeit besonders leicht zu Astabbrüchen kommen. Vorsicht ist also geboten.
Auf der einen Seite sehr gut war der Niederschlag im vorangegangenen Januar. Doch am Eisregen-Wochenende kam es in Verbindung mit heftigen Böen vermehrt zu umstürzenden Bäumen. Dies, so Grohs, hänge zum Großteil damit zusammen, dass der Regen den Boden stark aufgeweicht habe, der Frost in der kurzen Zeit aber lediglich nur bis in den Oberboden eingedrungen sei. Somit hatten Bäume in Höhenlagen teilweise keinen Halt.
Der Regen an sich sei im Hinblick auf die Dürre der vorangegangenen Jahre gerade für Flachwurzler und Herzwurzler sehr förderlich gewesen. Doch die Grundwasser-Reserven seien nach wie vor nicht aufgefüllt. In diesem Zusammenhang verweist Matthias Grohs auf einen Beitrag im AK-Kurier seines Kollegen Frank Krause, der sich mit dem Thema „Reicht Wasser im Boden schon aus? - Intelligentes Wassermanagement gefragt“ umfassend befasst.
Was macht der Frost auf Kalamitätsflächen
Auch hier kann Entwarnung gegeben werden. Neupflanzungen auf Kalamitätsflächen befinden sich in der Winterruhe. Zudem sind solche gerodeten Flächen meist nicht komplett leergeräumt und verbliebenes Ast- und Wurzelwerk bietet den jungen Pflänzchen Schutz gegen Frost und Winde, auch wenn sie noch keine verholzte Rinde gebildet haben.
Freudig überrascht ist der Förster über die Aktion einer Haubergsgenossenschaft in seinem Heimatort Selbach. Gerade im letzten Jahr hatten Mitglieder der Genossenschaft auf solch einer brach liegenden Fläche Sämereien von verschiedenen Bäumen ausgebracht, damit sich hier ein neuer Wald entwickeln kann. Gut im Erdreich eingebettet, kann der Winter mit starken Frost den Baumsamen nichts anhaben.
Wenn auch der Winterfrost den Waldbäumen durch ihre jahreszeitlich abgestimmten Mechanismen keinen Schaden zufügt, können hingegen Spätfröste im späteren Frühjahr, insbesondere bei ausgetriebenen Blüten und frisch angesetzten Trieben, erheblichen Schaden anrichten. Die Bäume zeigen braun verfärbte Blätter oder Nadeln und die frischen Triebe hängen herab. Besonders junge noch sehr empfindliche Bäume leiden stark. Sind solche späten Frostnächte angekündigt, geht der Obstbauer dazu über, die Bäume mit Wasser zu besprengen. Dabei entsteht das gleiche Phänomen wie bei einem Eisregen: Ein Schutzpanzer aus Eis legt sich um Knospe und Blüte, die somit geschützt werden vor dem eisigen Kahlfrost.
Im Wald ist diese Strategie allerdings nicht umsetzbar. Wenn sich der Wald auch, durch Neuaustriebe von solchen späten Frösten erholen kann, bei der Eiche z.B. mit dem sogenannten Johannistrieb im Juni, lassen Spätfröste die Bäume anfälliger für andere Schäden und Schädlinge werden, zudem reagieren sie nochmals empfindlicher auf Trockenheit.
Hilft der Frost gegen den Borkenkäfer?
So wie Bäume durch selbst sehr kalte Winter problemlos durchkommen, überstehen die meisten Insekten kalte Winter, entgegen der landläufigen Meinungen, sehr gut. Allen voran die Gattung der Borkenkäfer, wobei der Buchdrucker, der maßgeblich mit dem Kupferstecher das Massensterben der durch die Dürre geschwächten Fichte hervorgerufen hat und derweil auch auf Lärchen, Douglasien und Tannen übergreift. Dies an Ermangelung der Fichte, die bereits „aufgefressen“ wurde, so die stellenweise Beobachtung des Försters.
Borkenkäfer können, neben vielen anderen Insekten, harte Winter relativ problemlos überleben. Wird es ihnen zu frostig, fallen sie in eine Kältestarre oder verziehen sich einfach in untere, wärmere Bodenschichten, wo sie überleben. Dem hingegen gefällt nasses und mit geringen Temperaturen ausgestattetes „Schmuddelwetter“ vielen Insekten weitaus weniger. Dabei sterben sie u. a. im Larvenstadium, als Ei oder Puppe an Pilzkrankheiten.
Da bleibt zu hoffen, dass unsere Region nach der momentanen Kältewelle noch ein wenig Schmuddelwetter trifft. Zum einen um den Gattungen des Borkenkäfers Einhalt zu bieten und zum anderen, um für einen reich gefüllten Grundwasserspiegel zu sorgen. (KathaBe)
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Nachricht vom 11.02.2021 |
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