AK-Kurier |
Ihre Internetzeitung für den Kreis Altenkirchen |
|
Nachricht vom 08.03.2021 |
|
Wirtschaft |
Handelsexperte Hölper stellt sich Fragen zum regionalen Bündnisprojekt Wäller Markt |
|
Was die Gründer des Vereins treibt, ist die Vision, einen Digitalen Marktplatz für den geografischen Westerwald zu entwickeln und langfristig zum Erfolg zu führen. |
|
Westerburg. Als Geschäftsführer einer Einkaufs- und Marketing-Verbundgruppe*, der mehr als 1.800 inhabergeführte Fachgeschäfte und Fachhandwerker in Deutschland angehören sowie vorangegangenen knapp 15 Jahren, die Sie selbst im Handel tätig waren, kennen Sie die Entwicklung, vor allem aber auch die Sorgen und Nöte des Einzelhandels aus der täglichen Praxis. Gleichzeitig waren Sie einer der ersten, der als Westerwälder Bürger seinen Beitritt zur Wäller Markt Genossenschaft erklärt hat, um diese Initiative zu unterstützen. Vor diesem Hintergrund möchten wir Ihnen ein paar Fragen zu dem digitalen Marktplatzprojekt stellen, das zurzeit in der Region in aller Munde ist.
In der letzten Woche haben Sie an einer Projektpräsention teilgenommen, zu der Hendrik Hering, unser Landtagspräsident, eingeladen hatte. Dort haben Sie öffentlich verkündet, dass Sie aufgrund der neu erhaltenen Infos zum erfolgreichen Fortschritt des Projektes Ihren ursprünglich gezeichneten Genossenschaftsanteil an der Wäller Markt eG erheblich aufstocken wollen. Haben Sie diese Entscheidung als Handelsexperte oder als heimatverbundener Westerwälder getroffen?
Zunächst bin ich als Westerwälder Bürger über Wendelin Abresch, den ich inzwischen schon Jahrzehnte aus gemeinsamen geschäftlichen Projekten sowie aus unserer gemeinsamen Leidenschaft, dem Tennissport, kenne, auf das Projekt aufmerksam gemacht geworden – und ich war auf Anhieb davon angetan, dass sich Leute auf den Weg gemacht haben, ein solch ambitioniertes Projekt anzupacken. So hatte ich mich bereits im letzten Jahr spontan entschlossen, der frisch gegründeten Genossenschaft als investierendes Mitglied beizutreten. Als ich dann letzte Woche die Gelegenheit hatte, über eine Online-Präsentation das Vorhaben in der Tiefe kennenzulernen und begeistert davon war, wie weit sich das Konzept im Laufe der vergangenen Monate entwickelt hat, ist mir erst richtig bewusst geworden, welche einzigartigen Chancen sich für unsere Region daraus ergeben. Da ich selbst, wie viele Westerwälder, sehr heimatverbunden bin, bin ich auch überzeugt davon, dass die meine Landsleute das Projekt begeistert annehmen werden.
Selbstverständlich spielt bei der Beurteilung des Konzepts auch meine langjährige Handelserfahrung mit. Aber gerade aus dieser fachlichen Perspektive heraus hat mich das Konzept rundum überzeugt und zwar selbst wenn es für die Fachhändler der Einrichtungsbranche, in der ich inzwischen seit Jahrzehnten tätig bin, gar keine so hohe Relevanz hat, weil die Kunden bei unseren Händlern vor allem große, langfristig geplante Anschaffungen von sehr beratungsintensiven Produkten tätigen. Deshalb habe ich zwischenzeitlich auch mein Versprechen eingelöst und nicht nur meine Genossenschaftsanteile erheblich aufgestockt, sondern auch für meine Frau sowie unsere beiden Kinder haben wir jeweils Beitrittserklärungen für mehrere Anteile abgegeben. Als ich meiner 14-jährigen Tochter nach der Videokonferenz beim Abendessen von dem Projekt erzählt hatte, war sie sofort begeistert davon und hat viele Fragen zu Details gestellt. Daher haben wir noch am Tisch entschieden, das als gesamte Familie zu unterstützen.
Als ich gesehen habe, welch intensive und professionelle Vorarbeit die Initiatoren für das Projekt in den letzten beiden Jahren geleistet haben, habe ich mich ehrlicherweise schon etwas gewundert, warum nicht bereits viel mehr Westerwälder - vor allem Einzelhändler - auf den fahrenden Zug aufgesprungen sind. Am Ende habe ich aber insbesondere als Kunde des heimischen Einzelhandels gehandelt. Wir leben in einem kleinen Dorf, das zur Stadt Westerburg gehört. Ich bin Berufspendler und oft mehrere Tage oder gar die ganze Woche von zu Hause weg. Da bleibt schlicht nicht die Zeit, alle Einkäufe stationär zu erledigen. Oder, ganz offen: ich habe dann am Samstag (nicht nur, weil ich ein Mann bin); keine Lust mehr, beispielsweise zum Schuhe kaufen loszufahren – wo ich seit Jahren genau weiß, welche Marke in welcher Größe mir genau passt.
Aber statt dann online bei irgendeinem Händler zu bestellen, würde ich diese liebend gerne von einem lokalen Händler kaufen! Hinzu kommt, dass die typische Vermutung, dass online alles viel billiger ist, ja schlicht nicht (mehr) stimmt – das gilt für das Beispiel der Schuhe, aber auch zum Beispiel für Unterhaltungselektronik; die Einzelhändler sind durch die hohen Einkaufsvolumen ihrer Einkaufskooperationen absolut in der Lage, mit den Angeboten von Amazon und Co. mitzuhalten. Daher, und weil wir dazu eine gute Beratung, Service im Garantiefall etc. bekommen, kaufen wir auch dies komplett beim Fachhändler unseres Vertrauens in unserer Stadt.
Auch während des Lockdowns haben wir dort mehrfach Artikel online bestellt oder reserviert und zum Teil nur Minuten später dort abholen können. Das funktioniert aber eben auch nur, weil der Händler wirklich in unmittelbarer Nähe ist – und wir wissen, dass er dort ist und wir ihn kennen. Das Abholen ist aber längst nicht immer eine Option, da wir dann wieder an die Öffnungszeiten gebunden sind – und, ganz ehrlich: die Kunden sind eben inzwischen auch die Bequemlichkeit der Lieferung gewöhnt! Aus meinem Beruf weiß ich, dass die Hürde für die regionalen Fachhändler, zumindest die Kunden in Ihrer Region auch online zu erreichen, oft sehr hoch ist, weil bzw. wenn sie das alles alleine stemmen müssen: Shopaufbau, Artikelpflege, aber vor allem auch die Lieferlogistik; selbst, wenn man das mit Unterstützung einer Verbundgruppe bundesweit gemeinsam versucht, ist vor allem Letzteres eine große Herausforderung. Zudem muss dann noch jeder Händler für sich ins Onlinemarketing investieren – damit seine Stammkunden beim „Surfen“ nicht vergessen, dass es ihn gibt, aber vor allem auch, um neue Kunden in der Region zu finden, die vielleicht dann auch mal den Weg ins Geschäft finden.
Deshalb wünschen wir uns in der Tat sehnlichst einen Marktplatz wie den Wäller Markt, der die regionalen Anbieter und deren Sortimente bündelt, um uns so einen bequemen und zeitunabhängigen Einkauf zu ermöglichen – aber definitiv auch, um ganz bewusst die Wirtschaft in der Region zu unterstützen! Auch aus meinem Bekanntenkreis weiß ich, dass die meisten viel lieber regional einkaufen würden, wenn es denn eine Möglichkeit des Onlinekaufs inklusive einer verlässlichen Lieferung gäbe. Das betrifft meines Erachtens insbesondere Artikel des täglichen Bedarfs oder Produkte (direkt) von regionalen Erzeugern, oder auch alle anderen Produkte, die man vor dem Kauf nicht unbedingt einmal anschauen, fühlen, ausprobieren muss.
Fortsetzung des Interviews folgt.
Weitere Informationen zum Wäller Markt und zur Mitgliedschaft in der Genossenschaft finden Sie hier.
*Jens Hölper ist Geschäftsführer für Vertrieb, Marketing und Einkauf bei der 1956 gegründeten GARANT Gruppe mit Sitz im ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück, der selbständige Möbel-/Einrichtungshäuser, Küchenstudios, Bettenfachgeschäfte und SHK-Fachbetriebe (Bad, Heizung, Sanitär) in Deutschland, Europa und Asien angeschlossen sind.
|
|
Nachricht vom 08.03.2021 |
www.ak-kurier.de |
|
|
|
|
|
|